Jahresende ist ja immer die Zeit der Einkehr – und ein bisserl auch der Selbstreflexion. Rechtzeitig zum ersten Schnee (und damit einhergehend zu den zahlreichen Karosserie- und hoffentlich nur wenigen und wenn glimpflichen Personenschäden) möchte ich mir an dieser Stelle ein paar „Was wäre wenn …“-Gedanken machen. Diese nutzen bekanntlich nicht viel – weil, was wäre wenn, denkt man sich entweder zu spät oder wenn man sich nicht entscheiden kann, und verharrt man in diesem Gedanken, so passiert gar nichts. Auch schlecht!
Nun, was wäre aber, wenn was passiert? Was wäre, wenn Roland Düringer nicht TV-Philosoph und direkt im Anschluss (beinahe sowas wie) Politiker geworden wäre? Wäre er länger lustig gewesen oder war das eh schon davor vorbei mit dem Lustigsein? Ich meine, der Satz „Die Leut seh'n an Schnee und glaub'n, sie rutsch'n …“ war schon gut und passt in die aktuelle Vorweihnachtszeit wie die glühweinbefleckte Faust des Weihnachtsmannes aufs Auge – überhaupt waren durchaus ein paar Highlights in den frühen Programmen dabei. Was wäre aber, wenn nicht alles früher besser gewesen wäre? Richtig, die Zukunft wäre besser. Weil, wenn früher schlechter, ganz klar demnächst alles besser … demnächst, aber immerhin! Vielleicht bedarf es der Vorbereitung, des Versuchs eines „Gegensteuerns“ …? Wogegen eigentlich – hm – da gäbe es einiges …
Gäbe? Gibt! Ich habe im Editorial der Ausgabe 9/23 bekrittelt, dass man schlauere Fragen als jene nach der dümmsten stellen könnte. Ein herzliches „Sorry“ an das digitale Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent an dieser Stelle und gleich ein „Danke“ hinten nach! Denn die aktuelle Umfrage des selbigen Instituts hat mich auch auf die Idee zum aktuellen Editorial gebracht: Zwei Drittel der mehr als 38.000 europaweit Befragten machen sich laut ebendieser Studie „große Sorgen über die Veränderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel – für fast 8 von 10 sind diese auch bereits im Alltag spürbar“. Das wäre z. B. ein überlegenswerter Punkt zum Einhaken für ein etwaiges Gegensteuern. Vor allem angesichts der stetig nach oben korrigierten Grad-Ziele …
Gegensteuern lässt sich natürlich gegen vieles – doch wenn alle gegensteuren, tut sich wieder nichts. Mist! Ich versuche, tunlichst das Fliegen zu vermeiden und aufs Auto zu verzichten – umsetzen lässt sich das nicht immer. Ich reise gerne; da kommt man schnell mal in eine Zwickmühle. Ich erachte das Reisen auch als Horizonterweiterung – nicht immer nur privat, wie der Bericht von der heurigen Architektur-Biennale in Venedig am Ende dieser Ausgabe beweist.
Der Verzicht aufs Auto ist zugegebenerweise in Wien bzw. in Ballungsräumen leichter als in ländlicheren Gebieten, die verkehrsmäßig nach wie vor nicht optimal angebunden sind. Aber der (bzw. jeder) Versuch zählt. Gegensteuern gegen engstirnige Starrheit – auch im eigenen Denken – setzt u. a. Kommunikation und Auseinandersetzung voraus. Auch nicht immer leicht, weil, sobald ein Thema emotional besetzt ist, ist es mit ruhiger, nüchterner Argumentation nicht immer weit gediehen. Aber versuchen kann man es ja, versuchen und immer nochmal versuchen, bis alles irgendwann einmal klappt – eventuell.
Und mit diesen (hoffentlich!) beruhigenden Gedanken zum Abschluss wünsche ich, wie immer im Namen des gesamten Teams, frohe Weihnachten, einen guten Jahresabschluss und – last, but not least – eine ebenso interessante wie angenehme Lektüre der vorliegenden Ausgabe. Auf bald, gesund und voller Energie im nächsten Jahr!
MARTIN PECHAL
Chefredakteur
Lesen Sie den ungekürzten Artikel auf Seite 3 in der aktuellen Ausgabe 12/2023!