Nach den Pandemiejahren herrscht weiterhin Aufbruchsstimmung in der meinkaufstadt Wien. Viele haben abgewartet und wollen jetzt gründen oder investieren. „Wir haben in Wien so hohe Gründerzahlen wie zuletzt vor 15 Jahren und eine rege Nachfrage nach freien Geschäftslokalen“, so Margarete Gumprecht, Obfrau der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Wien. Das bedeutet: Mehr Nachfrage als Angebot, besonders in den innerstädtischen Bezirken. Viele Menschen haben den Wunsch, jetzt ihre Träume und Visionen zu verwirklichen - und wagen den Schritt in die Selbstständigkeit. Nicht zuletzt bieten Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft auch unternehmerische Chancen: neue Lösungen für vorhandene oder neu entstandene Bedürfnisse, eine veränderte Konkurrenzsituation am Markt, verbesserte Verhandlungspositionen oder neue Fördermöglichkeiten und staatliche Unterstützung.
Persönlicher Service von der WK Wien
Unterstützung bei der Standortsuche erhalten die Unternehmerinnen und Unternehmer beim Standortservice der WK Wien. Das Service ist gefragt: Mehr als 3200 Betriebe und Gründer haben im Vorjahr den kostenlosen Service in Anspruch genommen - das sind um 26 Prozent mehr als 2022. „In persönlichen Gesprächen mit den Standortsuchenden gehen wir auf deren Geschäftsidee ein und versuchen, gemeinsam den geeigneten Standort zu finden. So werden auch Analysen zur Kaufkraft und Konkurrenz für den künftigen Unternehmensstandort erstellt. Dies ist besonders für Jungunternehmer interessant“, erklärt Gumprecht. Die Standortanalysen beinhalten wichtige Informationen zur Passantenfrequenz, Kaufkraft, Einzugspotentiale, Wohnbevölkerung und Infrastruktur. Mit der Plattform www.freielokale.at betreibt die WK Wien die österreichweit größte Datenbank freier Geschäftslokale.
Die meisten Suchen kommen von Gastronomen und Händlern
Die meisten Standortsuchenden kommen aus den Branchen Gastronomie, Handel und Gewerbe, gefolgt von Dienstleistungen sowie Ateliers und Galerien. Die nachgefragten Flächen der Geschäftslokale liegt im Durchschnitt zwischen 57 und 156 m². Besonders beliebt sind Lagen in den innerstädtischen Bezirken, allen voran der 6. und 7. Bezirk, während jenseits der Donau, aber auch in Liesing, Meidling und Landstraße, mehr Lokale frei sind als gesucht werden. Die wenigsten Leerstände bei guter Nachfrage hat aktuell Margareten. Auch für Rudolfsheim-Fünfhaus wächst die Nachfrage konstant, als Alternative zum 6. Bezirk. Die Standortsuche dauert zwischen 6 Monate und 2 Jahre, durchschnittlich werden 27 Lokale besichtigt, bevor die Entscheidung fällt. Die durchschnittliche Leerstandsdauer bei Lokalen liegt zwischen drei und sechs Monaten, abhängig von der Lage auch länger.
Handelsobfrau Gumprecht: „Leerstands-Situation in Wien stabil“
Aktuell gibt es auf der Plattform „Freie Lokale“ rund 400 freie Geschäfte in der meinkaufstadt Wien. „Die Lage, was die Leerstände betrifft, ist insgesamt stabil. Derzeit liegen wir sogar unter den üblichen Werten. Wien ist eine Metropole mit einem bunten Mix und viel Bezirkskolorit in der Erdgeschoßzone. Natürlich gibt es Grätzel, die besser funktionieren und Nebenlagen, die mit Leerständen konfrontiert sind“, so Gumprecht. Kurzfristige Leerstände seien ein natürliches Phänomen. Etwa, wenn ein Firmensitz woandershin verlegt wird, steht das alte Gebäude für eine Zeit leer, bis ein neuer Mieter einzieht. Problematisch wird der Leerstand, wenn er über einen längeren Zeitraum hinweg vorherrscht, meint Gumprecht: „Ein gewisses Maß an Leerstand in der Stadt lässt eine gesunde Dynamik entstehen. Entscheidend ist, dass die Leerstandsdauer der einzelnen Geschäftslokale so gering wie möglich ist, damit Grätzel lebendig bleiben.“
Für die Wirtschaftskammer Wien steht eine sinnvolle Nutzung der leerstehenden Geschäfte - egal ob kurz- oder langfristig - im Vordergrund. „Es ist wichtig, im öffentlichen Raum eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, eine belebte, wirtschaftlich genutzte Erdgeschoßzone trägt wesentlich dazu bei. Wenn die Atmosphäre passt, die Aufenthaltsqualität hoch ist, dann kommen mehr Menschen, bleiben länger und geben mehr Geld aus. Das kommt allen zugute“, so Gumprecht. Um der Geschäftsleerstands-Entwicklung entgegenzuwirken, setzt die WK Wien mit der Plattform „Freie Lokale“ eine konkrete Maßnahme, um Vermieter und gewerbliche Mieter zu vernetzen. So können jedes Jahr rund 300 Geschäftslokale durch die Unterstützung des WKW-Service wiedervermietet werden.
Synergieeffekt nutzen: Raumpartnerschaften im Kommen
„Immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer schließen sich zu sogenannten Raumpartnerschaften zusammen, vor allem jüngere Gründerinnen und Gründer. Viele sehen darin eine Chance, sich gegenseitig zu unterstützen und zu motivieren und Synergien zu schaffen“, so Gumprecht. Die Vorteile liegen auf der Hand: Betriebe können sich Kosten aufteilen, Zielgruppen können gemeinsam angesprochen werden, Innovationsmöglichkeiten werden gefördert, das eigene Unternehmen oder Produkt wird durch Kooperation weiterentwickelt. Vonseiten der Wirtschaftskammer Wien ist ein Beratungsangebot dazu geplant, das Unternehmer helfen soll, sich noch besser zu vernetzen.