Meine Eltern haben bei uns zu Hause alles, was mit Hand- und Heimwerken zu tun hat, selbst gemacht; das wurde mir von beiden Elternteilen in meiner Kindheit stets vorgelebt – angefangen von der Autoreparatur oder Reifen wechseln über Steckdosen verlegen bis zum Hausbau bei Freunden. Für mich war das immer schon sehr spannend; mein Zugang zu Technik bzw. Handwerk war also früh angelegt. Trotzdem habe ich zwischen 14 und 18 Jahren erst einmal herausfinden müssen, wo meine Stärken und Interessen hinsichtlich der Berufswahl liegen.
Deswegen entschied ich mich für eine AHS-Matura und studierte dann zwei Semester „Internationale Betriebswirtschaft“. Ich stellte aber schnell fest, dass mein technisches Interesse doch größer ist als das wirtschaftliche und ein Studium nicht die Art des Lernens ist, die mir gut liegt. Stattdessen habe ich mir eine alternative Ausbildungsform herausgesucht und am TGM Wien 20 ein Kolleg für Erneuerbare Energien abgeschlossen.
Technik erlebbar machen
Aber auch mein Physiklehrer in der AHS-Oberstufe trägt einen wichtigen Anteil an meinem technischen Interesse: Er hat uns, als fast reiner Mädchenklasse, das Löten beigebracht und anhand eines Praxisbeispiels – Weihnachtsbeleuchtung – den Unterschied zwischen einer Reihen- und Serienschaltung erklärt. Das ist witzigerweise bis heute hängengeblieben. In der Heizungsbranche bin ich durch meinen ersten und jetzigen Arbeitgeber Vaillant gelandet. Hier habe ich die Möglichkeit bekommen, mein theoretisches Wissen aus dem Kolleg in der Praxis anzuwenden und zu vertiefen.
Selbstbewusst auftreten
In meinen ersten Berufsjahren hatte ich es als junge Frau in der Branche nicht leicht, sondern bin als (nahezu) Einzelkämpferin durch eine harte Schule gegangen. Denn auch wenn ich den Rückhalt von den Vaillant-Kollegen immer bekommen habe, waren damals in der Branche fast überwiegend nur Männer tätig. Und die alteingesessenen Installateure wollten zunächst mit mir nicht einmal über Technik reden. Hier musste ich lernen, diese Vorurteile zu ignorieren und selbstbewusst mein Wissen zu teilen.
Gleichzeitig habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass ich erstmal ein positives Ergebnis abliefern musste, um wahrgenommen zu werden, vor allem in Kundengesprächen. Mittlerweile nehme ich es allerdings mit Humor, dass man als Frau gerne mal unterschätzt wird. In verblüffte Gesichter zu sehen, macht großen Spaß, und ich sehe es als meine Aufgabe an, neue Perspektiven aufzuzeigen und dadurch ein Umdenken zu bewirken.
Klischees abbauen – Karriere wagen
Nach bald 17 Jahren in der Technikbranche hat sich die Anzahl der Frauen zwar erhöht, in der Minderheit sind wir aber trotzdem noch. Und es gilt auch immer noch als ungewöhnlich, dass Frauen in dieser Branche arbeiten und auch dieselbe Leistung bringen können – wenn sich hier die Haltung verändern würde, müssten sich Frauen nicht mehr extra anstrengen, um dieselbe Wertschätzung oder Anerkennung zu bekommen wie Männer. Dann ist die Basis für ein Miteinander eine ganz andere und es interessieren sich auch mehr Frauen für eine technische Karriere. Das wird aber nur geschehen, wenn wir damit aufhören, in klassischen Geschlechterrollen zu denken. Leider sehe ich auch in meinem Umfeld, dass Kindern gewisse Verhaltensweisen antrainiert werden: Burschen spielen mit Autos, Mädchen mit Puppen.
Ich versuche, dies bei meinen Kindern aufzubrechen, auch wenn mir das nicht immer gelingt. Wir Frauen müssen uns in manchen Situationen allerdings auch mehr zutrauen und selbstbewusster auftreten. Ich stelle mir hier oft die Frage: Wie würden meine Kollegen an das Thema herangehen?, um mir bewusst zu machen, in welchen Klischees wir gesellschaftlich immer noch feststecken – erst wenn einem ein Verhalten bewusst wird, kann man es auch ändern. Gerade in puncto Weiterentwicklung bemerke ich, dass Frauen zu viel darüber nachdenken, ob sie etwas schaffen können. Männliche Kollegen wagen oft unbekümmerter, selbstbewusster einen Karriereschritt. Hierbei schließe ich mich nicht aus: Ich habe mir auch gut überlegt, ob ich mir den Wechsel in das Produktmanagement zutraue.
Neue Sichtweisen – neue Denkanstöße
Wenn ich mich nochmal entscheiden müsste, würde ich diese Branche erneut wählen, denn es macht mir nach wie vor großen Spaß und die Branche bleibt spannend, weil sich technologisch und politisch ständig etwas ändert – und auch künftig werden wir heizen und kühlen müssen sowie warmes Wasser benötigen.
Auch mein Schritt in das Produktmanagement war der richtige, weil dieser Bereich in einem Konzernumfeld sehr interessant ist – man muss sowohl die Gegenwart im Blick haben, um erfolgreich Produkte, Systeme und Dienstleistungen am Markt zu verkaufen, als auch die Zukunft, um Markttrends oder gesetzliche Vorgaben rechtzeitig in der Produktentwicklung zu platzieren. Am meisten Spaß macht es mir aber, mich mit Kollegen über Ideen und Probleme auszutauschen und gemeinsam eine Lösung zu finden. Das eröffnet immer wieder neue Sichtweisen und gibt neue Denkanstöße.
Lesen Sie den ungekürzten Artikel auf Seite 14 in der aktuellen Ausgabe 12/2023!