Bisher wurde das Thema in der Bauwirtschaft überwiegend in Zusammenhang mit Energieeffizienz betrachtet, doch zunehmend rücken auch Fragen nach Materialien, Labeln, Zertifizierungen, Schadstoffen und dem Energieverbrauch bei Produktion bzw. Transport in den Vordergrund. Doch wie ist es um die Wahrnehmung von Nachhaltigkeit bei Bauherren und Sanierern im europäischen Vergleich bestellt? Haben Nachhaltigkeitserwägungen (bereits) einen relevanten Einfluss auf die Kaufentscheidung? Wie eine aktuelle Untersuchung der B+L zeigt, unterscheiden sich Wahrnehmung und Nachfrage von ökologischen Baustoffen bzw. -produkten in den europäischen Ländern deutlich. Auch existieren klare Unterschiede in den einzelnen Altersgruppen sowie zwischen Profis (wie Verarbeitern und Planern) und den Endverbrauchern. Diese Unterschiede hat das Bonner Marktforschungsinstitut im Detail analysiert und in einer Studie zusammengefasst. Für die Studie hat die B+L mehr als 3.400 Sanierer und Hausbauer sowie mehr als 800 Verarbeiter, Architekten und Bauunternehmen in 14 Ländern befragt. Schwerpunkte der Befragung waren die Wichtigkeit von ökologischen Baustoffen im Kaufentscheidungsprozess, die Bereitschaft zur Übernahme von Mehrkosten sowie der tatsächliche Kauf entsprechender Produkte. Auch die Entscheidungsstrukturen wurden im Detail betrachtet. Abbildung 1 (unterhalb) stellt den B+L Nachhaltigkeitsindex für die 14 untersuchten Länder dar. Der Index bildet die Marktchancen bzw. -potenziale von ökologischen Baustoffen und -produkten ab. Dazu wurden ausgewählte Indikatoren zur ökologischen Nachhaltigkeit berechnet und gewichtet. Die höchsten Werte erreicht der Index in Norwegen, der Schweiz, Frankreich und Polen. In diesen Märkten besteht eine überdurchschnittlich hohe Offenheit bzw. Nachfrage nach ökologischen Baustoffen bzw. -produkten. In Dänemark, Belgien, Tschechien, Österreich und Bulgarien hingegen ist der Wert am niedrigsten. Der B+L Nachhaltigkeitsindex zeigt, wie heterogen sich die europäischen Märkte beim Thema Ökologie darstellen. Dabei ist der Index jedoch nur eine Facette des Themas. Denn Detailbetrachtungen hinsichtlich der Altersgruppen zeigen, dass es auch in Märkten mit geringem Indexwert Zielgruppen gibt, die entsprechende Produkte nachfragen. Studienautor Marcel Dresse sagt dazu: „Je nach Zielmarkt unterscheiden sich die relevanten Zielgruppen für ökologische Baustoffe. In einigen Märkten sind es die älteren Zielgruppen aus der Baby-Boomer-Generation, die überdurchschnittlich häufig ökologische Produkte nachfragen. In anderen Märkten wird die Nachfrage von der Zielgruppe der Familiengründer oder Early Starter getragen.“ Ökologische Nachhaltigkeit im Bau- oder Sanierungsprozess kann dabei sehr unterschiedlich definiert und wahrgenommen werden. Einerseits zählen Aspekte wie die Reduktion von CO2 bei Produktion und Transport oder die ökologische Verantwortung des Unternehmens dazu, andererseits werden auch Aspekte wie schadstoffarme- und antiallergene Produkte im Bereich Bodenbeläge, Farben oder Putze dem Bereich Ökologie zugeordnet. Beide Bereiche wurden von der B+L detailliert für die 14 Märkte analysiert. Schadstoffarme- und antiallergene Bodenbeläge, Putze oder Farben sind für überdurchschnittlich viele Hausbauer und Sanierer relevant. Im Durchschnitt sind diese Produkte den Hausbauern und Sanierern zwischen 5 % und 8 % höhere Preise wert. Dabei gibt es jedoch auch Märkte wie die Schweiz, in denen mehr als ein Drittel der Befragten über 10 % höhere Preise für ökologische Produkte im Innenbereich zahlen würde. Hier zeigt sich erneut die Heterogenität der europäischen Märkte: Je nach Produktbereich, Markt oder Zielgruppe haben ökologische Produkte eine unterschiedliche Relevanz. Ein Aspekt der jedoch gleichermaßen für (fast) alle untersuchten Märkte gilt: Ökologische Nachhaltigkeit wird in der Bauwirtschaft zukünftig an Bedeutung gewinnen und die Nachfrage nach entsprechenden Produkten wird deutlich steigen.
Mehr Informationen zur Studie „Ökologische Nachhaltigkeit in der Bauwirtschaft“ finden Sie unter https://www.bl2020.com/DE/shop/sustainability