Die Automobilindustrie ist gemessen am Umsatz der bedeutendste Industriezweig in Deutschland. In der Bundesrepublik wurden allein im Jahr 2019 mehr als 4,6 Millionen Pkw hergestellt. Mit mehr als 16 Millionen produzierten Pkw zählen die deutschen Fahrzeughersteller zu den weltweit führenden Anbietern.* Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass Fahrzeuge „Made in Germany“ weltweit als Synonym für eine besonders gute Qualität stehen. Um diese Qualität aufrechtzuerhalten gelten bei der Produktion in allen Bereichen strenge Vorschriften und Vorgaben.
Reduzierung der Abwassermenge um 20 Prozent
Um die Vorgaben bei der Errichtung eines neuen Standorts einzuhalten, hat ein bekannter deutscher Automobilhersteller unter anderem auf die Technik des Wasseraufbereitungsspezialisten JUDO gesetzt. Diese kommt im Prüfstandbereich von Motoren zum Einsatz. Hier gilt der EMV-Integrationsleitfaden (EMV-ILA®). Die elektromagnetische Verträglichkeit, kurz EMV, bezeichnet die Fähigkeit von elektrotechnischen Geräten, zu funktionieren, ohne andere Einrichtungen zu stören oder selbst gestört zu werden. Damit dies gewährleistet werden kann, müssen alle Anlagen EMV-ILA® konform sein.
Ein wichtiger Faktor für den reibungslosen Betrieb der Prüfstände ist die Kühlung. Denn ohne ein Wasser-Kühlsystem kommen die Prüfstände nicht aus. Damit das Wasser-Kühlsystem wiederum zuverlässig funktioniert, muss das Kühlwasser mit einem besonderen Verfahren aufbereitete werden. JUDO lieferte dafür eine Umkehrosmoseanlage JOS 720 G-S. Die Anlage ist eine Spezialanfertigung, die exakt nach den Bedürfnissen und Vorgaben des Automobilherstellers gefertigt wurde. „Innerhalb von 24 Stunden kann die Anlage 720 Kubikmeter aufbereitetes Wasser, auch Permeat genannt, für den Rückkühler bereitstellen“, erklärt Mark Jungmann, Teamleiter Technische Auftragsabwicklung IGT bei JUDO. „Durch unsere Anlage fließen in der Stunde 37,5 Kubikmeter Rohwasser. Nach dem Aufbereitungsprozess bleiben davon 30 Kubikmeter Permeat und 7,5 Kubikmeter einer konzentrierten Flüssigkeit übrig. Das entspricht einer Ausbeute von circa 80 Prozent – etwa fünf Prozent mehr als herkömmliche Anlagen – und einer Reduzierung der Abwassermenge um etwa 20 Prozent“, verdeutlicht Jungmann anhand der Aufstellung.
Anlage muss sämtlichen EMV-Vorgaben entsprechen
Eine besondere Herausforderung des Projekts war es, dass die Wasseraufbereitungsanlage allen Vorgaben des EMV-Integrationsleitfadens zur Erzielung von elektromagnetischer Verträglichkeit in elektrischen Anlagen der Automobilindustrie (EMV-ILA®) entsprechen musste. „Bei der Konstruktion der Anlage war für uns deshalb oberste Priorität, dass sie alle Grenzwerte in Bezug auf die elektromagnetische Störfestigkeit und Störaussendung erfüllt. „Bei unserer Umkehrosmoseanlage sorgt dafür die Kombination aus nach EMV-ILA® gelisteten und freigegebenen elektrischen Systemkomponenten in Verbindung mit speziellen Einbauvorschriften und getrennten elektrischen Leistungs- und Steuerungsteilen“, weiß Jungmann. Gut zu sehen ist das beispielsweise beim Schaltschrank, in dem sämtliche Systemkomponenten zur Steuerung der Umkehrosmoseanlage verbaut sind. Geschirmte Signal- und Datenleitungen sorgen hier in Verbindung mit speziellen EMV-Kabelverschraubungen für die Einhaltung der Vorgaben. Die Anbindung an die Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik erfolgt über ein plattformunabhängiges Kommunikationsprotokoll.
Wirtschaftliches Entsalzen mit dem Umkehrosmose-Verfahren
Das Verfahren der umgekehrten Osmose ist ein bewährter Weg, um gelöste Salze aus dem Wasser zu entfernen. Die Entsalzung wird mittels halbdurchlässiger Membrane erreicht, welche aufgrund ihrer Struktur gelöste Salze, aber auch organische Stoffe (TOC), Bakterien und Viren nahezu vollständig zurückhalten. Genauso funktioniert auch die Umkehrosmoseanlage JOS 720 G-S.
Der Vorteil der Anlage
Das erzeugte Reinwasser steht kontinuierlich zur Verfügung, das entstandene Konzentrat bedarf keiner weiteren Abwasserbehandlung und kann in die Kanalisation geleitet werden. Ein weiterer Pluspunkt des Umkehrosmose-Prozesses: Er erfordert keinen oder nur einen sehr geringen Chemikalieneinsatz. Weil die Ablagerung von Wasserinhaltstoffen an der Membran zu einem höheren Arbeitsduck der Umkehrosmoseanlage und einen höheren Energieverbrauch führen sowie eine kürzere Lebenszeit der Membran herbeiführen kann, wird an einer Dosierstation über zwei Membranpumpen Antiscalant zudosiert. Die Zudosierung mit Antiscalant beugt dies vor und trägt zur Härtestabilisierung bei. Die Transportgebinde sind in getrennten Sicherheitswannen platziert. Der große Vorteil: Sollte eine der sich in Betrieb befindenden Dosierpumpen eine Störung aufweisen, wird ganz automatisch auf die zweite Dosierpumpe umgeschaltet. Dadurch lässt sich während des Anlagenbetriebs eine kontinuierliche Dosierung sicherstellen. Die Dosierpumpen wechseln ebenfalls bei jedem Einschalten der Anlage. Somit ist die Belastung beider Dosierpumpen weitestgehend gleich groß.
Weitere Geräte von JUDO im Einsatz
Auch bei der Vor- und Nachbehandlung des Kühlwassers kommt die Technik von JUDO zum Einsatz. Das Rohwasser wird über einen JUDO PROFIMAT Automatik-Rückspül-Schutzfilter vorfiltriert. Die Nachbehandlung des entsalzten Wassers erfolgt ebenfalls mit einem JUDO Gerät: Die Dosierpumpenanlage JUDO WADOS dosiert mengenproportional eine spezielle Lösung zu. Das stellt sicher, dass der pH-Wert, der durch den Kühlturmhersteller festgelegt wurde, eingehalten wird.
Von Anfang bis Ende ein gelungenes Projekt
Die Umkehrosmoseanlage hat Maße von 5,1 x 1,9 x 1,5 Metern und ein Betriebsgewicht von etwa zwei Tonnen. „Bei der Anlage handelt es sich nicht etwa um ein Seriengerät, sondern um eine Maßanfertigung, die speziell nach den Wünschen des Kunden gebaut wurde“, erklärt Mark Jungmann. „Möglich war die Realisierung dieses Projekts nur durch unser erfahrenes Expertenteam.“ Auch der Ablauf von der Ausschreibung bis zur Installation des Geräts verlief nahezu ohne Verzögerungen. „Nur etwa ein halbes Jahr nach der letzten Angebotsüberarbeitung konnten wir die Anlage zeitlich fast planmäßig an den Kunden ausliefern – und das trotzt der aktuell durch die Corona-Krise erschwerten Bedingungen.“ Die Zusammenarbeit war so erfolgreich, dass JUDO bereits für ein weiteres Projekt des Automobilherstellers angefragt wurde.