Nach 30 Jahren Betriebszeit war 2023 die Klimatechnik des Cineplex Kinos in Vilsbiburg im Hinblick auf die Wärmewende nicht mehr zeitgemäß, denn für Gas und Strom waren weiterhin steigende Betriebskosten zu erwarten. Neun WOLF Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung versorgen sieben Kinosäle, das großzügige Foyer mit Indoor-Spielplatz sowie einen Event- und Arbeits-Bereich mit frischer Luft. Sie haben zusammen eine Luftleistung von 21.900 m³ pro Stunde.
Für die notwendige Wärme im Gebäude sorgte vor der Modernisierung ein Gaskessel mit einer Leistung von 200 kW. Kälte stellten raumweise installierte Klima-Split-Geräte bereit. Während des Betriebs am Nachmittag und Abend ergaben sich im Gebäude hohe Strom-Lastspitzen, um die Räumlichkeiten zu kühlen und wenn die zweistufige Lüftungstechnik unter Volllast lief.
Definition der Anforderungen
Die Aufgabe von Anlagenbau Schindler aus Vilsbiburg bestand darin, die drei getrennt voneinander arbeitenden Systeme Heizung, Kälteerzeugung und Lüftung durch Sektorenkopplung in ein ganzheitliches System zusammenzuführen. Das Konzept für das Gebäude Baujahr 1993 sollte nicht nur auf fossile Energieträger verzichten, sondern im Rahmen einer Elektrifizierung möglichst viel regenerative Umweltenergie nutzen.
In diesem Zug sollte die bestehende Lüftungstechnik modernisiert aber nicht ausgetauscht werden. Insgesamt sollten rund 75 Prozent des 3.962 m2 Quadratmeter großen Gebäudes klimatisiert werden. Bei Außentemperaturen von 15 bis 20 Grad wird das Kino über freie Kühlung temperiert. Die Einliegerwohnung und die Büroräume des Gebäudes werden nicht maschinell belüftet. In den Büros kühlen bei sommerlichen Spitzenlasten die bestehenden Klima-Split-Geräte.
Korrigierte Heizlast
Die Wärmeverteilung im Gebäude erfolgt über Heizkörper und ebenso über die Lüftungsgeräte. Die Heizlast für das gesamte Gebäude gemäß DIN EN 12831 beträgt 170 kW. In die aktuelle Berechnung der Heizleistung wurden jedoch sämtliche internen Wärmequellen des Kino- und Restaurant-Traktes einbezogen: die Abwärme der Besucher und sämtlicher technischen Geräte. Damit wurde die Heizlast um mehr als die Hälfte, nämlich auf 75 kW, reduziert.
Für die energetische Ertüchtigung war vom Kinobetreiber ein halbes Jahr vorgegeben und der Umbau musste während des laufenden Betriebes umgesetzt werden. Lärmintensive Arbeiten wurden daher ausschließlich außerhalb der Betriebszeiten durchgeführt. Um den Brandschutzvorschriften zu genügen, wurde der Lithium-Ionen-Speicher in einem neu gebauten separaten Technikraum aufgestellt. Sowohl Budget als auch Zeitplan hat Anlagenbau Schindler eingehalten, sodass die runderneuerte Klimatechnik im Sommer 2024 in Betrieb gehen konnte.
Energiequellen Sonne und Umgebungsluft
Photovoltaik-Strom wird von der nach Süden, Osten und Westen ausgerichteten PV-Anlage überwiegend am Morgen und am Mittag gewonnen. Dazu wurde die bereits bestehende Anlage 2024 auf dem Flachdach und an der Ostfassade auf 160,6 kWp Leistung erweitert.
Eine Wärmepumpenkaskade aus fünf parallel geschalteten Wärmepumpen WOLF CHA-16/20 wird monoenergetisch bivalent betrieben und erzeugt aus PV-Strom und der Wärme der Umgebungsluft Warm- bzw. Kaltwasser für die Lüftungsanlagen sowie für die Heizkreisläufe. Es wird in 1.600 Liter fassenden Warmwasserspeichern und einem 1.000 Liter-Kaltwasser-Speicher gepuffert. Die Wärmepumpen haben inklusive Peripherie eine Heizleistung von 75 kW (bei -13 °) und eine Kühlleistung von 50 kW.
Nicht benötigter PV-Strom belädt den 160 kWh Lithium-Ionen-Speicher, der dynamische Ladezyklen erlaubt und eine hohe Energiedichte aufweist. Insbesondere während der Betriebszeit des Kinos versorgt der gespeicherte PV-Strom die Motoren der Ventilatoren.
Durch die Produktion und Speicherung von Strom und Warm- bzw. Kaltwasser außerhalb der Betriebszeiten sind die Strom-Lastspitzen aus der Zeit vor dem Umbau heute deutlich abgeflacht. Etwa die Hälfte des pro Jahr im Kino verbrauchten Stroms stellt die PV-Anlage bereit, im Sommer kann das Kino sogar zu rund 85 Prozent autark vom Stromnetz betrieben werden. Durch den Verzicht auf die Gasheizung werden rund 22 Tonnen CO2 (bzw. ein CO2-Äquivalent von 58,61 Tonnen) pro Jahr eingespart, das entspricht 19.000 m³ Erdgas.