Ein Plädoyer für das vierte Lehrjahr

06.09.2018 | News

Was Lehrlinge und Arbeit­geber über den Kollektiv­vertrag wissen sollten und wie Gehaltszettel „entziffert“ ­werden können.

Wie hoch die Lehrlingsentschädigung ist, darüber informiert der Kollektivvertrag. "Nur manches Mal handelt es sich um eine Lohnempfehlung", erklärt Claudia Moser in der 2017 erschienen Berufsschul-Lektüre "Punktgenau". Eine der höchsten Entlohnungen ist die der Installateure. Die 1.400 Euro Entgelt im 4. Lehrjahr sind beinahe ein Helfers-Gehalt.
Behördengang oder Arztbesuch
"Natürlich bin ich vorsichtig, ob ich einen Lehrling länger aufnehme, weil ich nicht weiß, wie er sich entwickelt", sagt Franz D. Schnöller, Wiener Landeslehrlingswart, der selbst einen Installationsbetrieb in Wien-Wieden hat. Volle Entschädigung erhält auch, wer gerade in der Berufsschule ist, an gesetzlichen Feiertagen, wenn Behördenwege zu erledigen oder Arztbesuche abzustatten sind sowie bei Krankheit und Arbeitsunfall. Dennoch tritt Schnöller dafür ein, dass die Installations-Lehrlinge nicht nur drei Lehrjahre in Gas- und Sanitärtechnik absolvieren, sondern mit dem 4. Lehrjahr auch die Heiztechnik lernen. "Es ist wichtig, den Jugendlichen zu sagen, wie wertvoll ihre Arbeit ist, und sie bei Festen miteinzubeziehen", betont Schnöller. Eine Image-Kampagne soll die Entscheidung für das vierte Lehrjahr erleichtern. Im Kollektivvertrag ist beinahe alles geregelt – auch Zulagen, Prämien bei Lehrabschluss bzw. Berufserfolg sowie Sonderzahlungen (z. B. 13. und 14. Gehalt), Lohnerhöhungen und vieles mehr. Auch Nichtraucherprämien oder Prämien für eine handyfreie Zeit könnten vom Arbeitgeber vergeben werden, nennt Moser als Vorschläge für Prämien. "Wir verschenken für die geleistete Arbeit eher einen Gutschein bei der Weihnachtsfeier", sagt Schnöller, der zurzeit sieben Lehrlingen in seinem eigenen Betrieb eine Ausbildung ermöglicht. Wenn beim Kunden nicht geraucht werden darf, wird das vorher besprochen.
Gehaltszettel kontrollieren
"Kontrollieren Sie Ihre Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung und informieren Sie bei Ungereimtheiten den Arbeitgeber", empfiehlt Moser den Lehr-lingen. Die Bruttoentschädigung ergibt sich aus Lehrlingsentschädigung laut Kollektivvertrag, Mehrarbeit und Überstunden, Zuschlägen, Prämien usw. Es kommen außerdem die Sozialversicherung und ab dem 3. Lehrjahr die Lohnsteuer zum Tragen. Die Lohnsteuerpflicht besteht erst ab einem Bruttoeinkommen von ca. 1.200 Euro pro Monat. Daraus ergibt sich die Nettoentschädigung. Zieht man noch sonstige Abzüge wie E-Card, Gewerkschaftsbeitrag, Kantine oder Vorschuss ab, gelangt man zum tatsächlichen Auszahlungsbetrag.
1,5 Prozent des Bruttogehalts an SV
Die Arbeitslosenversicherungsbeiträge für Lehrlinge sind sozial gestaffelt und betragen 0,1 oder 1,2 Prozent. Die Dienstgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung hingegen bleiben unverändert. Lehrlinge haben keinen Unfallversicherungsbeitrag zu entrichten. Der Arbeitgeber muss neben der Sozialversicherung folgende Beiträge für Lehrlinge abführen: 1,53 Prozent des monatlichen Bruttogehalts des Lehrlings an die betriebliche Vorsorge über die Gebietskrankenkasse und 0,5 Prozent Arbeiterkammerumlage. "Im ersten Monat des Arbeitsverhältnisses entfällt der Beitrag für die betriebliche Vorsorgekasse", so Moser. Der Wohnbauförderungsbeitrag entfällt für Lehrlinge, ebenso der Insolvenz-Entgeltsicherungszuschlag.
Im Krankheitsfall
Dem Lehrling muss pro Lehrjahr bei Krankheit oder Privatunfall vier Wochen die volle Lehrlingsentschädigung bezahlt werden, weitere zwei Wochen ein Teilentgelt und ein Krankengeld. Handelt es sich um einen Unfall oder eine Folgeerkrankung müssen Lehrlingen fünf Wochen die volle Lehrlingsentschädigung und weiteren vier Wochen ein Teilentgelt und ein Krankengeld bekommen.
Sonderzahlungen
Lehrlinge erhalten eine Weihnachtsremuneration (13. Monatsgehalt) und einen Urlaubszuschuss (14. Monatsgehalt). Die Verrechnung ist aliquot. Mit jedem gearbeiteten Monat erhält der Lehrling 1/12 von WR und UZ. Die Auszahlung der beiden Sonderzahlungen erfolgt mit der November-Abrechnung. Die Lohnnebenkosten, die dem Arbeitgeber zusätzlich zu Löhnen und Gehältern entstehen, betragen für Lehrlinge im Durchschnitt 130-150 Prozent der Bruttolehrlingsentschädigung.
Den ungekürzten Bericht finden Sie in der aktuellen Ausgabe 7-8a/2018 auf Seite 14.

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