Die „Ofenwägen“ - technisch-poetischer Brückenschlag am Salzgries. Alle Fotos: Laufen Austria
Laufen
Am Salzgries zu sehen waren wegweisende Zukunftsprojekte, die Industrie, Kunst, Keramik und nachhaltiges Design auf kreative Weise verbinden sollen und dies auch sicher tun werden. Die Installation "Pee Power" – etwa, verweist auf eine tatsächliche Forschungsarbeit. Bei dieser auf Brennstoffzellentechnologie basierende Forschungskooperation – von Laufen, EOOS Design und dem Bristol Robotics Lab der University of West England – wird aus Urin Strom erzeugt. Umgesetzt wurde das Projekt für die Vienna Design Week als Kunstobjekt und präsentierte sich in Form eines Lunar Landers. Die Weltraumfähre dient als Metapher für einen zukunftsfähigen Designzugang, denn Weltraummissionen müssen mit Ressourcen besonders sparsam umgehen. Zur Raumkapsel führt eine Leiter hinauf. Nachdem die Schiebetür verriegelt ist, kann das genderneutrale Urinal von Männern wie Frauen gleichermaßen verwendet werden. Wie die Natur zeigt, können Rohstoffe im Kreislauf geführt werden, ohne Abfall zu produzieren: Die Brennstoffzellen vom Bristol Robotics Laboratory erzeugen aus dem Abwasser Urin wertvollen Strom. Bei diesem Prozess wird das Abwasser vorgereinigt und gefährliche Patogene abgebaut. Eine Baueinheit besteht aus 22 Brennstoffzellen, die jeweils aus einem keramischen Zylinder und zwei Kohlenstoffelektroden bestehen und von Urin umspült werden. Mikroorganismen spalten Elektronen im Urin ab. Der erzeugte Strom wird durch eine elektronische Schaltung in einem Akku gespeichert. Aus den 22 Brennstoffzellen kann genug Energie gewonnen werden, dass eine LED Lampe (8 Watt = Glühbirne 60 Watt) zirka 30 Minuten leuchten kann. Bei der Pee Power Installation im Laufen Innovation Hub ist dies zu sehen. "Wir kennen und schätzen EOOS seit Jahren persönlich. Jetzt hat es sich ergeben, dass wir einander in der Wiener City auch räumlich näher gekommen sind, denn unser Innovation Hub ist in unmittelbarer Nachbarschaft von EOOS. Unsere Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen und Freundschaft, denn so kann man an innovativen Zukunftsprojekten und nachhaltigen Lösungen arbeiten, neue Schritte gehen, von denen man nicht weiß, wo sie enden werden. Unsere Zusammenarbeit mit EOOS ist ein nicht linearer Prozess. Diese neue Kultur der Kooperation macht Spaß, ist aber auch eine gesellschaftliche Verpflichtung. Wer, wenn nicht wir, soll an neuen Lösungen arbeiten?", erklärt Marc Viardot, Managing Director Laufen Business Unit Central Europe, Vorstand Laufen Austria und Director Marketing and Products von Laufen "Bei uns wie bei EOOS seht die Zukunftsorientierung im Vordergrund: neue Denkmuster, neue Formen, neue Funktionalitäten und das Consumer Interface für neue Technologien. Das Ergebnis sind spannende Projekte auf der ganzen Welt, zum Beispiel für die Bill and Melinda Gates Foundation, und wegweisende eigene Patente.
Brücken bauen – technisch und poetisch
Diese transformative Technologie wird bereits im Feld getestet. Die möglichen Anwendungsgebiete reichen vom Antrieb von Mikrorobotern über die Beleuchtung von Toilettenanlagen in Flüchtlingslagern bis zu Musikfestivals. Laufen unterstützt dieses innovative Projekt auch durch die Produktion der keramischen Zylinder aus SaphirKeramik. Sie sind das Herzstück der mikrobiellen Brennstoffzelle, da sie als elektrochemische Brücke die Stromerzeugung ermöglichen.Hintergrund: Die University of West England mit ihrem Bristol Robotics Lab und das Wiener Designbüro EOOS sind seit vielen Jahren Teil des "Reinvent the Toilet" Programms der Bill & Melinda Gates Foundation. Hier geht es um Toiletten für Entwicklungsländer, die autark funktionieren. Die Betriebskosten dürfen nicht mehr als 5 Dollarcent pro Kopf und Tag betragen. EOOS entwickelte im Rahmen dieses Programms eine Toilette, die verschiedene Stoffströme (Wasser, Fäkalien, Urin) trennt und so eine optimale Grundlage für Aufbereitungstechnologien schafft. Die University of West England wiederum erforschte eine Technologie, bei der aus Urin Strom erzeugt wird.
"Zentraler Teil des Laufen Innovation Hub ist eine poetische Rauminstallation, die ebenfalls von EOOS gestaltet: Die mehr als 100 Meter langen Tunnelöfen in den Laufen Werken dienten dafür als Inspiration. Auf metallenen Ofenwägen werden tischartige Strukturen aus keramischen Säulen und Brennplatten aufgebaut. Darauf werden die Werkstücke angeordnet und fahren langsam durch den Tunnelofen. Auf der anderen Seite kommen die Werkstücke fertig gebrannt heraus", erklärt Harald Gründl von EOOS Design. EOOS hat aus diesem archaischen Szenario eine kreative Präsentationsform für die Serien von Marcel Wanders, Patricia Urquiola, Kontanstin Grcic und Roberto Palomba entwickelt. Auf den Brennplatten werden die Produkte so präsentiert, als kämen sie direkt aus dem Ofen. Im Hintergrund leuchtet das orange-rote ‘ewige’ Feuer des Tunnelofens. Insgesamt sieben Ofenwägen bilden ein eindrucksvolles, fast 40 Meter langes Szenario. Marc Viardot: "Auf der Rückseite jedes Ofenwagens befindet sich ein abstrahierter Raum mit den zentralen Stücken jeder Serie. Auf diese Weise entstehen zwei verschiedene Ansichten der Präsentation, die die industrielle Produktion genauso zeigt wie die Anwendung unserer Produkte im Badezimmer. Einem Vexierbild gleich, dass zwischen Badezimmer und Fabrikhalle hin- und her springt und für die Besucher eine poetische Brücke in unsere Produktionswelt darstellt." Die bei der Installation verwendeten Brennplatten und die metallenen Ofenwägen stammen aus dem Laufen Werk in Wilhelmsburg.
Digital, visionär & futuristisch
Das zweite österreichische Laufen-Werk ist in Laufen Innovation Hub ebenfalls vertreten – mit der Ausstellung "1963 – 1969 KURT OHNSORG-Symposien im Laufen Werk Gmunden" . Sie zeigt Keramik als innovatives Material in der zeitgenössischen Kunst. Die Exponate sind im Zuge des Artists in Residence Programms beim Keramik Symposium Gmunden entstanden: als Kunst im Werk, die in Gmunden entwickelt und gebrannt worden ist: analog und digital, visionär, futuristisch sowie auf wissenschaftlicher Basis. Das sechswöchige Keramik Symposium Gmunden, 1963 vom Künstler Kurt Ohnsorg initiiert, bringt internationale Künstler mit Technikern und Handwerkern der industriellen keramischen Produktion zum Erfahrungsaustausch zusammen. Die Ausstellung, kuratiert und gestaltet von Christine Schwaiger von der New Design University (NDU), zeigt Ergebnisse der Symposien von 1963 bis 1969. Von September bis Mitte Oktober 2018 findet dieses Symposium statt: im Laufen Werk in Gmunden und bei Gmundner Keramik. Organisiert wird es von der Kulturabteilung der Stadt Gmunden. Dabei wird erstmals auch die künstlerische Perspektive digitaler, keramischer Produktion ausgelotet.