Das Ende der Bleizeit

16.01.2014 | Installationstechnik

Seit der römischen Antike wird Blei in der Trinkwasserversorgung angewendet. Nach über 2.000 Jahren ist damit offiziell Schluss. Die EU verbietet seit Dezember 2013 den Einsatz von Bleirohren.

Der römische Architekt Vitruv arbeitete um 33. v. Chr. als Ingenieur am Bau des Wassernetzes in Rom. Er warnte vor der negativen Auswirkung von Blei auf den menschlichen Organismus: „Die Bleiarbeiter haben eine bleiche Körperfarbe. Blei zerstört die wertvollen Eigenschaften des Blutes, es setzt sich im Körper fest und brennt diesen aus. Wasser aus Terracottarohren ist gesünder als das durch Blei geleitete.” Doch die leichte Verfügbarkeit von Blei und die relativ einfache und billige Verarbeitung sollten alle Bedenken für die nächsten 2.000 Jahre zunichte machen.
Bei der antiken Silberverhüttung trat Blei als Nebenprodukt in großen Mengen auf. Während der römischen Kaiserzeit – der archäologische Zeitraum erstreckt sich auf über 370 Jahre – wurden jährlich bis zu 80.000 Tonnen Blei im industriellen Maßstab gewonnen.
Süsses Blei im antiken Wein
Die süß schmeckende, aber giftige Bleiverbindung Bleiacetat, auch als sogenannter „Bleizucker“ bekannt, wurde in der Antike zum Süßen und Schönen von Wein genutzt. Übermäßiger Weingenuss konnte demnach sehr rasch zu Bleivergiftungen führen. Das Metall wurde neben diversen Gefäßen, Gewichten, Knöpfen, Spielsteinen, Schmuck und Waffen, wie z. B. Schleuderkugeln, speziell zur Herstellung von Wasserrohren im städtischen Bereich verwendet.
Bei der Herstellungsweise der Bleirohre gossen die Römer das flüssige Blei zuerst in etwa drei Meter lange Platten. Dann wurden diese um Rundhölzer gebogen und die Nahtstellen verlötet. Der Querschnitt der Rohrsegmente war abhängig von der Funktion der Bleirohre im Versorgungssystem. Zentrale Wasserleitungen hatten einen Durchmesser von über einem halben Meter. Bei archäologischen Grabungen in Rom wurden auch Bleileitungen mit einem Innenrohrdurchmesser von nur knapp 1,5 cm für die Versorgung einzelner Gebäude mit Trinkwasser gefunden.
Wasserleitungen aus Blei sind vor allem bei weichem oder saurem Wasser problematisch, weil sich keine schützende Schicht aus schwerlöslichem Bleicarbonat bilden kann. Nach längerer Stagnation kann Blei auch aus alten Messingarmaturen ins Trinkwasser übergehen und für die Überschreitung von Grenzwerten sorgen.
Folgen für die Gesundheit
Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Kleinkindern eine tägliche Zufuhr von 3 bis 4 Mikrogramm pro kg Körpergewicht keinen Anstieg der Blutbleikonzentration bewirkte. Ein 60 kg schwerer Mensch könnte ohne gesundheitliche Auswirkungen etwa 210 Mikrogramm Blei pro Tag zu sich nehmen. Mögliche Mischtoxikationen mit anderen Schadstoffen sind nicht publiziert. Erwachsene Personen nehmen durchschnittlich zu Hause etwa ein Liter Trinkwasser zu sich. Wenn sich Bleirohre im Trinkwassernetz befinden, wird auch der Genuss von sogenanntem „Stagnationswasser” noch unterhalb der Toleranzgrenze liegen. Laut Untersuchungen enthält Stagnationswasser nur sehr selten mehr als 200 Mikrogramm Blei je Liter. Die Innenflächen der jahrzehntealten Bleirohre sind mit schwerlöslichem Bleicarbonat und Kalkablagerungen überzogen. Dadurch gelangt kaum Blei in das Trinkwasser.
Erwachsene sind in der Regel nicht gefährdet, sie resorbieren über den Verdauungstrakt nur etwa zehn Prozent der aufgenommenen Bleimenge in den Körper. Kinder im Alter zwischen zwei Monaten und sechs Jahren können bis zu 50 Prozent des Bleis in den Körpern lagern. Deshalb sind Kinder durch Blei in der Nahrung besonders gefährdet.
Aufgenommenes Blei gelangt vom Verdauungstrakt ins Blut, und über die roten Blutkörperchen kommt das Metall in Muskeln und Haut. In Weichgewebe wie Fett-, Muskel- und Bindegewebe hat Blei eine Halbwertszeit von etwa 20 Tagen. Das Blei in diesen Depots wird entweder ausgeschieden oder als Bleiphosphat anstelle von Calciumphosphat in den Knochen und Zähnen eingelagert. Dort bildet es ein sehr langlebiges Depot mit einer Halbwertszeit von fünf bis 20 Jahren. Bei Erwachsenen befinden sich 90 Prozent des Bleis im Körper in den Knochen, bei Kindern nur 60 Prozent.

Lesen Sie den vollständigen Artikel auf Seite 86/87 im Schwerpunktthema "Rohre und Rohrsysteme" in der Ausgabe 1/2014!

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