Editorial 11/2016

08.11.2016 | News

Wie Bob Dylan den dreistufigen Vertriebsweg zerlegt hat.

Vor Bob Dylan war die Musikwirtschaft dreistufig organisiert. Am Beginn der Wertschöpfungskette standen die Texter und Komponisten, die Lieder und Melodien schrieben und ihre Produkte an die Plattenfirmen verkauften. Diese teilten Songs und Melodien nach ihrem Gutdünken den Bands und Sängern zu, die bei ihnen unter Vertrag standen. Diese Musiker wiederum bespielten mit ihren Auftragswerken streng abgegrenzte Zielgruppen: Country-, Rock-, Pop- oder Folk-Musik richtete sich an ein klar definiertes Publikum und hatte keine Berührung mit den jeweils anderen Musikrichtungen.
Dann kam Anfang der 1960er ein vor kreativer Energie strotzendes 19-jähriges Landei aus einer Kleinstadt in Minnesota nach New York. Robert Zimmermann war nicht gewillt, sich und seine Lieder der Musikindustrie auszuliefern. Er wollte selbst die Kontrolle über sein Werk behalten. Also wurde er der erste Singer-Songwriter: ein Künstler, der die eigene Musik selbst interpretierte und sich nicht durch Abhängigkeitsverhältnisse einengen lassen wollte – und damit auch erfolgreich war: Denn die Rechte an seinen Liedern behielt er selbst. Wenn also eine Popband einen seiner Songs aufnehmen wollte, traf er die Entscheidung – und bekam auch die Tantiemen dafür. Die Plattenfirmen nutze er nur mehr als logistische Dienstleister, um die LPs in die Läden und unter die Leute zu bringen.
Kaum war das durchgesetzt, knöpfte er sich die in Schubladen steckenden Konsumenten vor. Seinem Stammpublikum der ersten Jahre, den an sanfte akustische Schalmeienklänge gewöhnten Volksmusikhörern, schmiss er strombetriebenen Rock um die Ohren. Die braven Puristen waren empört über den Verrat an der reinen Musik-Genre-Lehre, aber Dylan behielt recht: Er gewann ein neues, globales Publikum dazu. Seine Musikerkollegen erkannten die Chancen, die sich für ihren Berufsstand eröffneten, und folgten ihm bereitwillig auf die Pfade, die er neben die ausgetretenen Vertriebswege der Musikbranche geschlagen hatte. Plötzlich war alles möglich – dass sich Bands wie die Beatles mit jeder Platte neu erfanden, dass Künstler quer über die Genres miteinander musizierten, dass in Woodstock akustische Protestsänger neben harten Rockern vom gleichen Publikum bejubelt wurden, mag uns heute selbstverständlich scheinen. War es nicht: Es war der Verdienst des wichtigsten Sängers seit Homer, der das ermöglicht und im Alleingang eine ganze Branche nachhaltig verändert hat.
Die Veränderungen, denen die Haustechnik-Branche derzeit unterliegt, sind ohne Zweifel mehr wirtschaftlichen Notwendigkeiten und den Möglichkeiten der digitalen Kommunikation geschuldet als der Kreativität einer Einzelperson. Wo es uns am Ende hinführen wird, weiß derzeit niemand der handelnden Personen so genau. Nur leider: Den Nobelpreis wird es dafür wohl nicht geben.
Wir wünschen interessante und unterhaltsame Lektüre mit der aktuellen Ausgabe 11/2016!

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