Editorial 12_2013

03.12.2013 | News

Erneuerbare Energie statt verrosteter Kanonen im Flakturm.

Schräg gegenüber des ehemaligen Wiener Innungshauses in der Gumpendorferstraße stand und steht einer der Wiener Flaktürme. Der ehemalige Fliegerabwehrturm aus dem Zweiten Weltkrieg beherbergt unter anderem ein Foltermuseum, diverse exotische Tiere im „Haus des Meeres“ sowie etliche Sportkletterer, die die vom Alpenverein an der Außenseite angebrachte Kletterwand nutzen. Damit ist er der am sinnvollsten genutzte Flakturm, den ich bisher kannte. Die anderen Türme werden als Lager benutzt, für Kunstprojekte, sollen irgendwann Serverparks von IT-Firmen hinter den zwei Meter dicken Stahlbetonwänden schützen oder sind überhaupt gleich gesperrt, weil einsturzgefährdet. Abreißen kann man die Dinger so gut wie nicht, so massiv wurden sie gebaut. Die Nazis wollten ja alles mögliche Tausendjährige hinterlassen. Das einzige, was die in den zwölf Jahren ihres verbrecherischen Wirkens an wirklich langfristig Haltbarem zusammengebracht haben, sind diese fetten Bunker – die noch viele Generationen vor das Problem stellen werden, was mit den größenwahnsinnigen Trümmern denn Sinnvolles anzufangen wäre.

Da lohnt sich ein Blick nach Hamburg. Dort wurde ein Flakturm jetzt zu einem „Energiebunker“ umgebaut, der den umgebenden Stadtteil mit erneuerbarer Energie versorgen wird. Herzstück ist ein riesiger Pufferspeicher mit zwei Millionen Litern Fassungsvermögen, der im entkernten Hohlraum des Turms untergebracht ist. Das entspricht in etwa einem Umfang von 10 x 10 x 20 Metern. In diesen Puffer wird die Wärme aus verschiedenen Quellen eingespeist, unter anderem einer Hackschnitzel- und eine Solarthermie-Anlage, die Abwärme aus einem benachbarten Industriebetrieb sowie einem Biogas-BHKW. Auf dem Turm befindet sich auch noch eine Photovoltaik-Anlage, sodass laut Betreiberinformation 22.500 Megwattstunden Wärme und 3.000 Megawattstunden Strom zur Verfügung stehen.

Ja, wahrscheinlich gibt es eine Menge Einwände gegen das Projekt. Von den Kosten über die technische Machbarkeit bis zu Anrainerprotesten wegen reflektierender Sonnenkollektoren. Diese Einwände gibt es bei jedem großen Bauvorhaben. Aber anstatt die Mahnmäler von Krieg und Größenwahn einfach verfallen zu lassen, so wie es in Wien im Arenapark und im Augarten mehr oder weniger passiert, ist eine zukunftsorientierte Nutzung doch allemal besser, oder? Ich finde, ein paar Wiener sollten sich auf den Weg nach Hamburg machen. Zwecks Studienreise. Sinnvolle Nutzung für erneuerbare Energieversorgung statt Verfallserscheinungen und verrostete Fliegerabwehrgeschütze – das wär doch mal was.

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