Zur Senkung des Energieverbrauchs in der EU wurde 2010 die Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz in Gebäuden beschlossen. Sie beinhaltet unter anderen Mindestanforderungen für neue und bestehende Gebäude, Kostenoptimierung als Schlüsselkriterium und die Vorbildfunktion öffentlicher Stellen. Ab 31. Dezember gelten die Anforderungen für alle neuen Gebäude. Wie funktioniert bisher die Effizienzteigerung in der Haustechnik, speziell nach dem Aufzeigen von Mängeln? Dazu ein Interview mit KR Ing. Michael Mattes, Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker Österreichs.
Herr Ing. Mattes, welche praktischen Erfahrungen machten Sie bisher nach dem Aufzeigen von Mängeln im Zuge einer Inspektion von haustechnischen Anlagen?
BIM KR Ing. Michael Mattes: In Österreich wurde eine Erstinspektion – nach EU-Gebäuderichtlinie 2010/31 Artikel 14 – für Geräte ab 20 KW noch immer nicht sinnvoll umgesetzt. Ohne großen Aufwand könnten mögliche Mängel aufgezeigt und die Effizienz der Anlagen gesteigert werden.
Können Sie diese Aussage präzisieren?
Mattes: Durch das Versäumnis der bei uns nicht durchgeführten Inspektion bei Geräten ab 20 kW (welche fast alle Wärmebereitstellungs- und Abgabesysteme betroffen -hätte), wurde von mir unter der Annahme eines Wärmebedarfs von 6 kW/Wohnung die mögliche CO2-Einsparung durch z. B. hydraulischen Abgleich, falsche Einstellung des -Reglers, nicht isolierte Leitungen, elektrische Energie für den Transport vom Wärmeträger, nicht effiziente Wärmepumpen und Brennwertgeräte auf Grund von falscher Hydraulik und Temperaturen sowie extremer Über-dimensionierung des Wärmebereitstellungssystems bewertet.
Was bedeutet diese Erkenntnis in Zahlen?
Mattes: Unter der Annahme von einer Effizienzsteigerung von nur 10 Prozent, würde das nach meiner Berechnung zu einer Reduktion von 0,253 t CO2 pro Anlage und Jahr, egal bei welcher Wärmebereitstellung, führen.
Wie heizt Österreich?
Mattes: Nach der Studie – so heizt Österreich (2015) – werden knapp die Hälfte der 3,8 Mio. Haushalte mit einer Hauszentralheizung versorgt; das sind rund 1.900.000 Anlagen. Es gibt demnach 945.000 Fernwärme-Systeme, 449.000 Etagenheizungen, 235.000 Einzelöfen, 150.000 E-Heizungen, 112.000 Gaskonvektoren, und 16.500 Wohnungen haben kein fest installiertes Heizsystem. Weiters gibt es 1.000.000 gasbeheizte Haushalte, 190.000 heizen mit Holzpellets und 125.000 Haushalte heizen mit alternativen Energieträgern.
Wer wäre von einer Inspektion mit möglichen Effizienzsteigerungen betroffen?
Mattes: Eine Inspektion mit Qualitätsvorgaben nach ONR 85000 hätte ca. 2,5 Millionen Anlagen betroffen. Setzt man nur bei einem Drittel der Anlagen eine leicht mögliche Effizienzsteigerung von lediglich 10 Prozent an, hätte das eine jährliche CO2-Einsparung von ca. 211.000 t seit 2010 bewirkt.
Durch die vorgegebene, dichte Gebäudehülle wird auch eine Zwangsbelüftung in den Wohneinheiten erforderlich. Wie beurteilen Sie diese?
Mattes: Um die erforderliche Frischluftrate sicherzustellen, stehen eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung oder als Billigvariante eine fragliche „Frischluftanlage“ (Öffnung in der Außenmauer oder in den Fenstern mit Ventilatoren im Bad und Klosett im Dauerlauf) zur Auswahl. Für die Berechnung habe ich nur eine Mindestluftrate von 24 m3 pro Person und Stunde (für ruhend, nach ÖNORM H 6038) und eine Wärmerückgewinnung von nur 80 Prozent angenommen. Unter diesen Annahmen wäre anstatt einer „Frischluftanlage“ oder Stoßlüftungen eine CO2-Einsparung von 0,53 t CO2 pro Jahr und Wohneinheit mit einer mechanischen Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung möglich. Die elektrische Ventilatorleistung wurde dabei nicht berücksichtigt, da elektrische Energie bei beiden Anwendungen erforderlich ist. Warum beide Lüftungsvarianten in den Wohnbauförderungen der Länder enthalten sind, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das Potenzial der kontrollierten Wohnraumlüftung wird vom OIB leider nicht in Form einer Richtlinie vorgegeben.
Lesen Sie das ungekürzte Interview auf Seite 38 der aktuellen Ausgabe 10/2020!