Man muss den Tatsachen ins Auge sehen: Die Klimakrise ist längst angekommen und die damit einhergehenden Konsequenzen werden mit jedem Jahr deutlicher spürbar. Besonders davon betroffen sind Städte, die von einer übermäßigen, lokalen Erwärmung durch einen hohen Versiegelungsgrad, den emissionsreichen Individualverkehr, durch so genannte „Stehzeuge“ im öffentlichen Raum sowie durch die zu geringe Anzahl und den Zustand der Straßenbäume extrem hitzebelastet sind. Umso mehr sind effiziente Bemühungen gefragt, den Stadtraum auch weiterhin als lebenswert zu erhalten. Und das kann mit vielen kleinen und großen Maßnahmen gelingen.
Landschaftsarchitekt und Mitbegründer des Wiener Büros 3:0 Landschaftsarchitektur Daniel Zimmermann beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit der Gestaltung von urbanen Räumen und konzentriert sich auf die Zusammenhänge mit der Klimaerwärmung. Als Gründungsmitglied des österreichischen „Arbeitskreis Schwammstadt“ ist er der Überzeugung, dass es in der Stadtplanung einen Paradigmenwechsel braucht, um die Lebensqualität in den Städten zu sichern. „Die Renaturierung unserer Städte ist ein wichtiger Punkt im Umgang mit dem Klimawandel“, sagt Zimmermann. „Bäume bringen den größten Effekt für die Umgebung. Man spürt allein schon den Unterschied, wenn man den Schatten eines Baumes quert.“
Machen statt Warten
Um erwartete Auswirkungen auf die Menschen abzufedern, muss klimasensitiv geplant werden. Das bedeutet in erster Linie die Temperatur abzusenken und den Stadtraum zu kühlen. Die Alternativen sind vielfältig: Fassadenbegrünung, Cool Roofs und Schaffung von urbanen Grünzonen. Große, schattige Bäume leisten dabei aber den größten Beitrag. Das Wichtigste neben den vielen positiven Effekten, aktive Verdunstung des Bodenwassers, Bindung von CO2 und Feinstaub oder Erzeugung von Sauerstoff ist der Schatten der Baumkronen gesunder Bäume. In Kombination mit der Verdunstung senkt der Baumschatten die gefühlte Temperatur in der unmittelbaren Umgebung. Entscheidend für die Gesundheit des Baumes ist eine gute Entwicklung des Wurzelwerks. Dafür braucht es vor allem eines: Genügend Raum im Untergrund. In den letzten 30 oder 40 Jahren wurde dieser Raum viel zu klein bemessen mit der Folge, dass viele Bäume sich nicht gut entwickelt haben oder ganz abgestorben sind. Damit der Baum alt und somit klimawirksam werden kann, braucht er mindestens 35 Kubikmeter Wurzelraum.
Eine effektive Maßnahme ist die „Schwammstadt“, ein Bauprinzip für Straßenbäume, das ursprünglich in Stockholm entwickelt wurde. Es wurde vom Arbeitskreis Schwammstadt nach Österreich gebracht und in Zusammenarbeit mit Christopher Peiritsch, Leitung Produktmanagement Bauelemente bei ACO Österreich und verantwortlich für die Entwicklung von Produkten im Bereich „Blau-Grüne Infrastruktur“, für die lokalen Gegebenheiten adaptiert. Die Schwammstadt zielt darauf ab, lokal Regenwasser aufzunehmen und zu speichern anstatt es ungenutzt in die Kanalisation abrinnen zu lassen. Die Nutznießer dieses Bauprinzips sind Bäume im Straßenraum, die stark unter den trockenen Hitzeperioden leiden, als Maßnahme für ein besseres Mikroklima jedoch unverzichtbar sind. Ziel der Schwammstadt ist es deshalb, die Bäume gesund zu erhalten und zu großkronigen, ästhetischen Schattenspendern heranwachsen zu lassen. Ebenso wichtig wie die Aufnahme von Wasser ist auch der Raum für das Wurzelwerk, der oft im Straßenbau nicht gegeben ist, jedoch für das Gedeihen der Bäume die Basis bildet. Das Schwammstadt-Prinzip löst demnach gleich mehrere Probleme: Es fängt das Wasser auf, versorgt die Bäume in niederschlagsarmen Perioden, entlastet gleichzeitig das Kanalsystem und beugt so lokalen Überschwemmungen bei Starkregenereignissen vor.
In den letzten Jahren wurden österreichweit bereits 25 Schwammstadt-Projekte umgesetzt.