Einige unserer Leser werden Wolfgang Lusak vor allem von Veranstaltungen des Forums Wasserhygiene bzw. in seiner dortigen Rolle als Moderator in Erinnerung haben. Lusak bietet jedoch auch Unternehmensberatung an, setzt sich mit „Lobby der Mitte“ massiv für den Mittelstand (und damit auch EPU und KMU) ein und hält Vorträge sowie Seminare … Ein Mann mit vielen Talenten also, mit dem wir uns eingehender unterhalten wollten.
Könnten Sie einen Schwerpunkt Ihrer Arbeit definieren?
Lusak: Früher habe ich meine Kunden vor allem bei ihren „Basics“ unterstützt – bei Marktpotenzial-Analysen, bei Positionierung und Strategie für neue Produkte, bei Unternehmensübergaben und dergleichen.
Heute habe ich viele Kunden, die diese „Hausaufgaben“ schon erfüllt haben, sich aber mit Innovationen für die Zukunft aufstellen, neue Märkte schaffen und neue Wege gehen wollen. Da kommt es sehr darauf an, dass sie sich gegen bestehende Marktführer und vor allem bei den oft entscheidenden „VIP“ in Politik, Verwaltung, Verbänden und Wissenschaft durchsetzen. Letztlich verhelfe ich ihnen zu Wettbewerbsvorsprung bis hin zur Alleinstellung nach dem Motto „Themen-, Technologie- und Marktführerschaft“.
Einige Ihrer Kunden sind auch im Bereich der Energie- und Gebäudetechnik angesiedelt – könnten Sie unseren Lesern diesbezüglich einen Einblick geben?
Lusak: Ich habe viel für Baumeister, Fertighausanbieter, Energietechnologie-Unternehmen und unterschiedlichste Bau-Gewerbebetriebe gearbeitet und dabei gesehen, wie notwendig eine besondere Positionierung für diese ist, um sich im Wettbewerb durchsetzen zu können. Nachfolgend einige Beispiele: Der Aufbau des FORUMs Wasserhygiene für die Unternehmen WimTec, Transhelsa, BWT, REHAU usw., des einzigen von BMK/FFG geförderten Innovationslabors für erneuerbare Energiesysteme und Energiegemeinschaften (wie sie im kommenden EAG verankert sein werden) Act4.energy mit zehn Kern-Kommunen, einem Partnerteam mit Siemens, Kapsch, Renault, Vaillant, Fronius, Rabmer uvm., diverse Projekte rund um energieautarke Heiz- und Kühltechnik etc.
Inwiefern spielt Lobbying in Ihre Beratungstätigkeit bei EPU/KMU hinein?
Lusak: Sehr stark, weil es oft um die Durchsetzung von Innovationen oder Projekten geht. Alles Neue muss sich am Vorhandenen messen und dabei seine Berechtigung erklären. Dabei fehlt Unternehmen oft der Überblick, wer die für ein Projekt entscheidenden Personen und Institutionen sind. Und wenn man das weiß, dann braucht es den entscheidenden Kick, um bei Politik, Verbänden, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft angenommen statt ignoriert und verhindert zu werden. Das erfordert strategische Disziplin und eloquente Kommunikation. Es geht in meiner Arbeit manchmal auch um Gesetze und deren Beeinflussung, viel häufiger aber um Genehmigungen, Normungen, Richtlinien, Förderungen, Finanzierung, Zugänge und Aufträge. Das bloße Andocken bei vorhandenen Lobbys wie Vereinen, Kammern und Interessenvertretungen genügt meist nicht. Erst wenn man eine eigene Lobby gründet, kann man in den relevanten Kreisen wirklich etwas bewegen. Beispiele für von mir unterstützte bzw. mitbegründete Arbeitsgruppen, Cluster und Vereine sind: die Plattform „Verantwortungsvolles Wertstoffmanagement“ der ARGE Abfallwirtschaftsverbände, das EAC – Energieautarkie-Coaching für den WKO-Fachverband der Ing-Büros, die Koop „Fair Sleep-Hotels“ usw.
Was entgegnen Sie Personen, die Lobbying tendenziell eher als halblegale Einflussnahme denn ehrbares Verhandlungsgeschick definieren? Wo liegt die Grenze?
Lusak: Ganz einfach: Lobbying ist an sich ein völlig neutrales Instrument, das – so wie Werbung, Marketing und PR – zum Guten wie zum Bösen verwendet werden kann. Die Ziele und die damit verbundenen Maßnahmen geben den Ausschlag dafür, ob letztlich damit wenige bevorzugt und viele benachteiligt werden, oder umgekehrt möglichst viele Menschen einen Nutzen daraus ziehen können. Wenn nun ein Konzern zwar legal, aber mit viel Geld und Kommunikations-Know-how Gesetze in Parlamenten durchsetzt, die vor allem ihren Aktionären dienen, aber die Bevölkerung gefährden, dann ist die Grenze überschritten und ist das unfaire und abzulehnende Einflussnahme.
Lobbying für Ideen, Innovationen und Projekte, welche die Menschen oder sehr große Zielgruppen schützen, voranzubringen und insgesamt zu einer fairen Gesellschaft beizutragen, sehe ich als positiv. Eines möchte ich den „Lobbying-Skeptikern“ besonders deutlich sagen: Nur weil sich „Schurken“ mit der unfairen Anwendung von Lobbying bereichert haben, dürfen anständige Menschen auf dieses Instrument nicht verzichten. Dann das würde den Schurken nur umso mehr freie Bahn geben.
Die „Lobby der Mitte“ ist Lobbying für einen ganzen Stand – den Mittelstand; wie kamen Sie auf die Idee?
Lusak: Nachdem ich in meiner Beratungs- und Coaching-Tätigkeit überwiegend für KMU im Einsatz bin, konnte ich sehr rasch erkennen, wie sehr diese durch bestimmte Rahmenbedingungen beeinträchtigt und benachteiligt sind. Das sind die unfassbare Bürokratiebelastung, Steuerungerechtigkeiten gegenüber Konzernen, die Steuerschlupflöcher nutzen können, sowie der unbefriedigende Zugang zu Kapital und zu geeignetem Fachpersonal und Nachwuchs.
Daher wollte ich meiner Hauptzielgruppe von Nutzen sein, indem ich den Mittelstand – EPU, KMU, Familienbetriebe – mit der Lobby der Mitte dabei unterstütze, sichtbarer und durchsetzungsfähiger zu werden – genau das wollen nämlich die Mittelstandsbetriebe, wie aus meinen seit 2008 durchgeführten Repräsentativbefragungen und Interviewserien hervorgeht. Wir haben einige 1.000 Follower, einen sehr beliebten Blog (www.lobbydermitte.at) und zeichnen Vorbildunternehmen als „Mittelstandsheros“ aus.
Diesen Beitrag finden Sie ungekürzt auch ab Seite 12 der aktuellen Ausgabe 3/2021!