Innovation bei LAUFEN – was bedeutet das?
Durdik: Innovation bedeutet für uns bei Laufen, dass wir einen Schritt weitergehen als die erfolgreiche Entwicklung unserer bestehenden Produkte, wir sehen die Aufgaben unserer Industrie in größeren, globalen Zusammenhängen. Wir loten die Zukunft nach Entwicklungen in der Gesellschaft aus, setzen sie in Beziehung zu Rahmenbedingungen und Regulierungsintentionen, beobachten Forschungsbereiche in der Medizin und Visionäres im Bereich Architektur, Fertigungstechnik und in der Kunst. Je visionärer Projekte in einer immer schwerer kalkulierbaren Zukunft sind, desto höher ist aber auch das Risiko für unternehmerische Investitionsentscheidungen. Daher versuchen wir in einem interdisziplinären Team, die Ideen im Hinblick auf ihren Nutzen für unsere Zielgruppen zu evaluieren und zu selektieren.
Wie kamen LAUFEN und EOOS Design für das Projekt save! zusammen?
Durdik: Eine der großen Aufgabenstellungen für eine nahe Zukunft ist, wie das Leben in den Megacities aussehen soll. Das explosive Bevölkerungswachstum im urbanen Bereich erlaubt es nicht, bestehende Lösungen linear zu erweitern. Die Kanalisation ist ein derartiger technischer Engpass. Zum einem in ihrem Fassungsvermögen und zum anderen in der effizienten und ökonomischen Reinigung des Abwassers von Nährstoffen, Hormonen, medizinischen Rückständen und Antiboitika. Laufen will bei der Lösung dieses Zukunftsproblems die Entwicklung anführen. Im ersten Treffen mit EOOS sollten die Lösungen im Rahmen der Reinvent the Toilet Challenge der Bill und Melinda Gates Foundation diskutiert werden. Immerhin sind hier in Summe mehr als 200 Millionen investiert worden, um ein dezentrales Abwassersystem neu zu denken. Gesehen haben wir dann bereits ein erstes gedrucktes Modell für eine innovative Schnittstelle einer nachhaltigen Sanitärlösung, das aus einer Zusammenarbeit mit dem Schweizer Wasserforschungsinstitut und der ETH Zürich hervorging. Aus Nutzersicht war die Urinabtrennung außerhalb des sichtbaren Bereichs eine Revolution für nachhaltige Sanitärlösungen und lies sich mit dem anspruchsvollen Designansatz von Laufen kombinieren. Die Entscheidung für die Zusammenarbeit wurde angesichts der Dringlichkeit der Problemstellung und der vielversprechenden Lösungsansätze sehr rasch getroffen.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit von LAUFEN und EOOS Design?
Durdik: Im ersten Ansatz haben wir die konkrete Anwendung vorgegeben. Uns war klar, wenn wir das Konzept in eine Umsetzung führen, dann in einer offensiven Ausprägung. Das Problem des übermäßigen Nährstoffeintrags kann nur dann substantiell gelöst werden, wenn wir uns auf den verdichteten Wohnbau konzentrieren. Der Hebel liegt in den wachsenden Metropolen. Deshalb haben wir das Produkt in das bestehende Regelsystem eingebettet, was die Funktionsnormen betrifft. EOOS stellte den Kontakt zur Gates Foundation her, dem internationalen Forschungsnetzwerk der Stiftung, für die EOOS das neue Trennsystem entwickelt hatte. Die Integration dieser Lösung in ein nach industriellen Standards gefertigtes WC war dann die Aufgabe von Laufen. Design ist zu einem Treiber für Wandel geworden und nutzt seine visuelle und inhaltliche Kraft, um die Gesellschaft für nachhaltige Themen zu sensibilisieren. Mit der prämierten Installation an der Triennale in Mailand hat EOOS dem Problem eine Identität verliehen. Institutionen und Museen stellen eine wichtige Plattform für die Verbreitung der Diskussion dar. Die Rolle der Industrie ist es, ein zuverlässiges Qualitätsprodukt für einen Massenmarkt herzustellen.
Wie ist die Resonanz auf „save!“ bislang?
Durdik: Für Forschende ist save! der letzte Puzzlestein zu einem kreislauffähigen Konzept. Der Markt reagiert mit hohem Interesse und vielen Fragen auf den Paradigmenwechsel. Dass wir mit Ressourcen anders umgehen müssen als bisher, braucht keine Überzeugungsarbeit mehr. Auch der Recyclinggedanke ist gelernt und positiv belegt. Bauherren unterschiedlicher Gebäudetypologien, die auf Nachhaltigkeit setzen oder nach zukunftsfähigen innovativen Konzepten suchen, sind sehr interessiert, aber stellen auch die Kosten/Nutzen-Frage. Wir erhalten positives Feedback auch von Architekten. Die Medien verhalten sich noch zurückhaltend aufgrund der Komplexität des Themas, denn die Umweltproblematik der toten Zonen, das Ersticken unserer Gewässer, wird der Landwirtschaft zugeschrieben. Dem Anteil, der durch das Abwasser verursacht wird, wird noch geringe Beachtung geschenkt.
Welche nächsten Schritte stehen beim Thema save! jetzt an?
Durdik: save! ist eine Systemlösung, die auf vielen innovativen Komponenten beruht. In der Entwicklung sind wir bereits sehr weit und haben auch in der gebäudetechnischen Einbindung einiges in petto. save! und der Aufbereitungsprozess sind bereits zertifiziert. Eine Industrialisierung der Aufbereitungsanlagen wird helfen, die Kosten dafür zu senken. Nichtsdestotrotz wird es abhängig vom Einsatzgebiet unterschiedliche Ansätze für die Darstellung der Wirtschaftlichkeit geben müssen. Ein wesentlicher nächster Schritt wird darin bestehen, Pilotprojekte zu realisieren, wobei die unterschiedlichen Stakeholder miteinzubeziehen sind. Ein sehr wesentlicher Partner ist hier Vuna, ein Spin off der Eawag, die das biologische Aufbereitungsverfahren vom Urin zum Dünger entwickelt haben.
Gibt es bereits realisierte Projekte mit save!?
Durdik: save! ist ab dem ersten Quartal 2020 verfügbar. Das Aufbereitungssystem ist an der eawag, dem Schweizer Wasserforschungsinstitut und dem NEST (Next Evolution in Sustainable Building) seit Jahren verlässlich in Betrieb. Prototypen von save! sind bereits in Kooperationen mit zahlreichen namhaften Universitäten und Instituten weltweit verbaut: Eawag (ETH Zürich), Bauhaus Universität Weimar (P Bank), Technische Universität Durban, Rich Earth Institute (in Kooperation mit der Michigan University), Der TU Delft (urban living labs) sowie an der Swedish University of Agricultural Sciences | SLU (Fachbereich Energie und Technologie).