Seit 20 Jahren leitet DI Roger Hackstock als Geschäftsführer den Verband Austria Solar. Zuvor arbeitete er bei der Energieverwertungsagentur – heute Österreichischen Energieagentur, kurz AEA. Als langjähriger Kenner der Szene gab er ein Interview.
Herr DI Hackstock, wie erlebten Sie die Anfänge des Solarzeitalters in Österreich?
DI Roger Hackstock: Anfang der 2000er-Jahre herrschte Aufbruchstimmung, das Umweltministerium hatte die Initiative klimaaktiv gestartet und Austria Solar organisierte deren größtes Programm – das Technologieprogramm klimaaktiv Solarwärme –, das von 2004 bis 2009 mit einem Budget von 3,5 Millionen Euro lief. Es wurden 170.000 Broschüren verteilt, auf zwei Dutzend Messen Beratungsstände organisiert, unzählige Veranstaltungen durchgeführt sowie rund 500 Installateure zu Solaranlagen geschult. Ich war selbst Vortragender in der Schulung, seither verstehe ich die Handwerksbranche besser. Das Ergebnis des Ganzen war eine Marktverdopplung von 180.000 auf 356.000 m2. 2009 war schließlich das stärkste Jahr in der Geschichte der Solarwärme in Österreich.
Woran erinnern Sie sich besonders gerne?
Hackstock: Worauf ich ein bisschen stolz bin, ist, dass wir den Europäischen Tag der Sonne erfunden haben, der zehn Jahre lang lief und am Schluss über 7.000 Events in 16 Ländern ausgelöst hat – eine echte europäische Initiative. In den letzten Jahren der Aktion hat sich gezeigt, dass es zunehmend nicht mehr nur um Solarenergie, sondern um Erneuerbare insgesamt geht, inklusive Elektromobilität. Da hatte sich das Konzept des Aktionstags rein für Solarenergie dann überlebt und ist ausgelaufen.
Wie hat sich die Solarbranche in den letzten Jahren gewandelt?
Hackstock: Ab 2010 wurde Solarwärme in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr von Photovoltaik und Wärmepumpen verdrängt, vor allem bei den privaten Kleinanlagen. China hatte den europäischen Photovoltaikmarkt mit unfairen Dumpingpreisen komplett übernommen. Mit diesem staatlich gelenkten Preisverfall der Konkurrenztechnologie konnte die heimische Solarwärmebranche nicht mithalten. Ab dem Zeitpunkt redeten alle nur mehr über Strom, der Markt und die Politik haben sich total gedreht. Natürlich ist es toll, dass wir bei Ökostrom am Weg zu 100 Prozent sind, wir kommen aber langsam drauf, dass das größte Problem bei der Wärme liegt und wir diese noch kaum angetastet haben. Das wird uns die nächsten Jahre zunehmend beschäftigen.
Wo gilt es, den Hebel anzusetzen?
Hackstock: Die Branche hat seit über zehn Jahren den Kleinanlagenmarkt verloren, dafür klopfen immer mehr Betriebe an, die aus Gas und Öl raus wollen. Der Klimafonds hat darauf frühzeitig reagiert und im Jahr 2010 auf unsere Initiative hin ein Großanlagenprogramm gestartet, das genau diesen Markt adressierte. Das Programm lief gut, mit über 200 Projekten allein in den ersten fünf Jahren. Es hat auch neue Projektentwickler ins Spiel gebracht, die vorher nicht am Markt waren. Und die braucht es auch bei Großanlagen, denn das ist eine neue Liga, die Solarfirmen allein nicht stemmen können. Darum haben wir die Projektentwickler auch in den Verband aufgenommen – eine echte Bereicherung, muss ich sagen. Da Betriebe heute kommen und sagen, sie wollen den Gaskessel ganz rauswerfen, sind die Gesamtlösungen der Projektentwickler genau das, was der Markt jetzt braucht. Bei den Lösungen ist dann immer Solarwärme im Spiel – das ist unsere Stärke.
Wie bewerten Sie die politischen Rahmenbedingungen?
Hackstock: Wenn ich auf die türkis-grüne Regierung seit 2020 zurückblicke, denke ich vor allem an das Großanlagenprogramm, das mit 45 Millionen Euro Budget einen großen Sprung gemacht hat; in puncto Projektgröße sind da alle Schranken gefallen. Das hat die Industrie und Stadtwerke auf den Plan gerufen, es wurden über 30 Machbarkeitsstudien durchgeführt mit insgesamt einer Million Quadratmeter Solaranlagen. Die ersten sind schon auf den Boden gebracht, von den 45 Millionen wurden 33 Millionen an Förderungen für Investitionen abgeholt – davon werden in den nächsten zwei Jahren riesige Solaranlagen gebaut, z. B. die weltweit größten Anlagen mit Hybridkollektoren, die Strom und Wärme in einem produzieren. Im Moment haben wir die Nase vorn; jetzt hoffen wir, dass der Klimafonds den Schwung halten kann, dafür wurde das Programm gerade umstrukturiert.
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Lesen Sie das ungekürzte Interview ab Seite 38 der aktuellen Ausgabe 5/2024!