Sanitär

Keinen Bären aufbinden (lassen)

Screenshot / www.mattes.at
Ing. Michael Mattes (jun.)
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Eine Replik zum Thema Frischwasserstationen von Michael Mattes (jun.).

von: Michael Mattes (jun.)

Beim Durchlesen der Ausgabe 6/2021 vom „Österreichischen Installateur“ bin ich auf den Artikel „Hygienische und wirtschaftliche Warmwasserbereitung“ gestoßen und musste mich wieder mal wundern, was da den Installateurskollegen von Seiten der Industrie versucht wird einzureden. Hier werden die Frischwasserstationen als hygienisch perfektes und zudem noch energieeffizientes System der Warmwasserbereitung angepriesen. Folgende Argumente werden dabei genannt: 

  1. Die Gefahr der Legionellenbildung wird gebannt, da keine größeren Warmwasservolumina im Haus zirkulieren.
  2. Die Wassertemperaturen können bei dezentralen Trinkwassererwärmungsanlagen unter 60 °C bleiben, wodurch sich auch das Verkalkungsrisiko verringert.
  3. Durch das Frischwassersystem werden die Rücklauftemperaturen gesenkt, was dem effizienten Betrieb von Wärmepumpen entgegen kommt.

All diese Argumente sind bei genauerer Betrachtung nicht korrekt und sollten meines Erachtens nicht so stehen bleiben. Nachfolgen meine Begründung dafür:

  1. Legionellen bilden sich erwiesenermaßen nicht oder maximal in einem sehr geringen Maße im Warmwasserspeicher sondern in den „vermurksten“ oder falsch betriebenen Warmwasser- oder Zirkulationsleitungen. Wenn also in einem Kontaminationsfall auch im Warmwasserspeicher Legionellenbefall nachgewiesen wird so ist davon auszugehen, dass dieser aus der Peripherie, sprich aus den Leitungen, in den Warmwasserspeicher eingeschwemmt wurde. Der erwähnte Vorteil von Frischwassersystemen gegenüber Speichersystemen liegt in diesem Fall somit nicht vor und ist technisch auch nicht nachvollziehbar.
  2. Frischwasserstationen mit vorgeschaltetem Heizungswasserspeicher (wie im Artikel beschrieben, Anm.) sind keine dezentralen Trinkwassererwärmungsanlagen sondern zentrale Trinkwassererwärmungsanlagen, weshalb auch für Frischwassersysteme (im Anwendungsbereich der Norm, Anm.) die ÖNORM B 5019 anzuwenden ist. D.h. bei einer entsprechenden Risikogruppe sind auch für Frischwassersysteme entsprechend hohe Warmwassertemperaturen definiert und einzuhalten, wodurch meines Erachtens das Verkalkungsproblem nur umso größer wird (Plattenwärmetauscher neigen wesentlich stärker zum Verkalken als Speichersysteme oder Rohrbündel, Anm.).
  3. Gemäß ÖNORM B 2531 beträgt die Warmwasserauslauftemperatur von zentralen Warmwasserversorgungsanlagen für Ein- und Zweifamilienhäuser 50 °C und für Anlagen in privaten Gebäuden und Wohnhausanlagen sowie in Verwaltungsgebäuden und öffentlichen Gebäuden 55 °C. Ich kann also nicht erkennen, warum die Warmwassertemperatur von Speichersystemen 60 °C oder darüber betragen sollte. An dieser Stelle möchte ich zugleich einer alten, weit verbreiteten Mär entgegentreten. Eine thermische Desinfektion von Warmwassersystemen ist nur im Falle einer nachgewiesenen Kontamination mit Bakterien erforderlich und hat nicht regelmäßig zu erfolgen. Durch die regelmäßige thermische Desinfektion, wie sie leider immer wieder anzutreffen ist, kommt es viel mehr zu einem massiven Problem mit den Installationssystemen, zu verstärktem Kalkausfall und stellt zudem noch einen immensen Energieaufwand dar. Eine regelmäßige thermische Desinfektion ist somit weder notwendig und eigentlich sogar auf das schärfste abzulehnen und hat sich die thermische Desinfektion nur auf den Fall der nachgewiesenen Verkeimung zu beschränken.
  4. Auch bei Frischwassersystemen muss die Energie gespeichert werden. Abweichend zu Warmwasserspeichersystemen erfolgt dies bei Frischwassersystemen jedoch in Form von Heizungswasser in einem Heizungswasserspeicher. Um entsprechende Schüttmengen erreichen zu können muss auch der Heizungswasserspeicher voll durchgeladen werden, wodurch sich die geringen Rücklauftemperaturen eigentlich nur bei Teilladung des Heizungswasserspeichers ergeben und mit zunehmendem Betrieb ansteigen. Mir ist nicht bekannt, dass dies einen wesentlichen Unterschied gegenüber Warmwasserspeichersystemen darstellen würde.
  5. Auch energetisch wären die Frischwassersysteme eigentlich zu hinterfragen. Es muss zwar im Heizungswasserspeicher des Frischwassersystems genauso die Speichertemperatur wie im Warmwasserspeicher erreicht und gehalten werden (Stillstands- und Abwärmeverluste sind annähernd ident, Anm.), bei Frischwassersystemen kommt aber jedenfalls eine Ladepumpe und ein Mischventil mit Stellantrieb dazu, wodurch sich streng genommen der Energieaufwand erhöht…

 Über die Auswirkungen von niedrigen Rücklauftemperaturen und den allgemeinen Betrieb von Wärmepumpen könnte man noch weiter diskutieren – das würde aber hier den Rahmen sprengen und vermutlich diverse Emotionen hochkochen lassen…


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