Heizung

Klimafreundliche Energie aus dem Wald

Gammel Engineering GmbH
Um die erforderliche Nennleistung von 600 kW zur Abdeckung des Mittellast Wärmebedarfs zu erreichen, projektierten die Ingenieure von Gammel einen Kessel mit 400 kW und einen mit 200 kW.
Gammel Engineering GmbH

Um den Ausstoß an CO2 reduzieren zu können, entschied sich die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), am Standort Grub, Poing bei München, ein neues Wärmenetz aufzubauen, das eine Wärmeversorgung über nahezu ausschließlich regenerative Energieträger ermöglicht. Dabei mussten eine bereits bestehende Biogasanlage sowie mehrere Heizölkessel integriert und der Heizölverbrauch massiv gesenkt werden.

von: Redaktion

Für die Beheizung der Liegenschaft Grub werden jährlich circa 300.000 l Heizöl benötigt“, berichtet Philipp Purucker, Koordinator Energiewirtschaft und Energiekonzepte bei den Bayerischen Staatsgütern. „Im Rahmen der Energiewende wollen wir jedoch einen möglichst großen Anteil der Wärmeversorgung über regenerative Energieträger bereitstellen. Mit der Errichtung einer Biogasanlage, deren Abwärme teilweise zur Beheizung der nahegelegenen Gebäude verwendet wird, haben wir bereits vor einigen Jahren einen ersten Schritt getan.“ Der wesentliche Teil der Wärme konnte allerdings aufgrund fehlender Fernwärmeleitungen nicht genutzt werden und wurde deshalb über einen Notkühler entsorgt. Deshalb entschied sich die Landesanstalt in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Bauamt Rosenheim mit ersten Vorüberlegungen beginnend im Jahr 2015 dazu, die überschüssige Wärme der Biogasanlage stattdessen komplett für die Liegenschaft nutzbar zu machen und den restlichen Wärmebedarf ebenfalls über regenerative Energieträger zu erzeugen. Dazu musste aber ein modernes Heizwerk gebaut, die bestehenden Wärmequellen effizienter gemacht und alle Bestands-Anlagen zudem in ein neues Fernwärmenetz integriert werden. Mit der ingenieurtechnischen Umsetzung wurde schließlich nach Wettbewerb durch öffentliches VOF-Verfahren die Gammel Engineering GmbH beauftragt, da das Unternehmen aufgrund seiner Erfahrungen und Referenzen für dieses Projekt prädestiniert war. Die finanzielle Förderung des klimafreundlichen Projekts erfolgte zu 45 Prozent über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

Neues Heizwerk mit großen Wärmespeichern sichert Versorgung
Da die LfL bereits über Energiewälder und Plantagen mit schnellwachsenden Baumarten für Forschungszwecke verfügt, war die nachhaltige Ressourcengrundlage zum Betrieb einer Hackschnitzelheizanlage schon gegeben. Dadurch steht für das neue Heizwerk immer ausreichend Brennmaterial zur Verfügung, um die gesamte Grund- und Mittellast abdecken zu können. „In einem ersten Schritt wurde basierend auf dem Heizölbedarf der letzten Jahre die Heizlast des Standorts ermittelt, um daraus ein sinnvolles Konzept im Hinblick auf die erforderliche Kesselgröße des Heizwerks ermitteln zu können, sowie den Wärmeverbund aus alten und neuen Anlagen zu entwickeln“, erklärt Florian Prantl, Projektleiter bei Gammel. „Letztendlich zeigte sich, dass eine Variante aus zwei Hackschnitzelkesseln und zwei großen Wärmespeichern die bestmögliche Lösung ist.“ Um die erforderliche Nennleistung von 600 kW zur Abdeckung des Wärmebedarfs zu erreichen, planten die Ingenieure einen Kessel mit 400 kW und einen mit 200 kW. Durch die Aufteilung ist es möglich, die bei der Berechnung im Vorfeld ermittelte Jahresdauerlinie abfahren zu können. „Ein einzelner, großer Kessel hätte aufgrund der vergleichsweise flachen Jahresdauerlinie und des geringeren Wärmebedarfs im Sommer ohne Zuheizen nicht betrieben werden können“, erläutert Prantl. Neben den beiden Heizkesseln verfügt das Heizwerk über eine moderne Rauchgasreinigungsanlage mit elektrostatischen Filtern sowie die für den multivalenten Betrieb notwendigen hydraulischen Anschlüsse. Die Schaltanlage, in der alle Leitungen zusammenlaufen, wurde in einem separaten Raum untergebracht. Zudem besitzt die Anlage zwei Wärmespeicher mit jeweils 30 m³, da auch die Abwärme der nahegelegenen BHKWs der Biogasanlage für das neue Wärmenetz genutzt wird, anstatt diese zu entsorgen. Dank der Speicher können die verschiedenen Wärmeerzeuger im Bestpunkt betrieben und zudem Schwankungen im Wärmenetz ausgeglichen werden. „Zur Abdeckung von Lastspitzen sowie als Ausfallreserve ist es notwendig, kurzfristig verfügbare Wärmeerzeuger in den Wärmeverbund zu integrieren“, erklärt Prantl. „Deshalb haben wir die bereits vorhandenen Heizölkessel eingegliedert, anstatt sie auszutauschen, da sie noch in sehr gutem Zustand und geeignet waren.“ Diese wurden so eingebunden, dass sie primärseitig in das Wärmenetz einspeisen. Dazu wurde die Anlagentechnik angepasst, Pumpen und Armaturen erneuert und regelungstechnisch in die Kesselfolgeschaltung integriert, sodass eine sinnvolle Ansteuerung möglich wird.

Hackschnitzel aus Wald liefern ausreichend Brennstoff 
Damit die neue Heizanlage unabhängig betrieben werden kann, wird der erforderliche Brennstoff unter anderem aus eigenen Energiewäldern genutzt. Deshalb sah Gammel einen speziellen Tagesbunker mit Schub- und Zugboden vor, der zu einer Seite offen und befahrbar ist, sodass bei Bedarf Hackschnitzel auch direkt abgekippt werden können. Hier lässt sich ein Brennstoffvorrat für circa fünf Tage vorhalten. Zusätzlich wurde eine Lagerhalle gebaut, in der der Großteil des benötigten Brennstoffbedarfs vorgehalten werden kann. „In Abstimmung mit den Betreibern haben wir das Lager so ausgelegt, dass es lediglich zweimal im Jahr befüllt werden muss“, bestätigt Prantl. Zudem wurde das Lager mit Zwischenwänden versehen, sodass verschiedene Brennstofffraktionen getrennt voneinander deponiert werden können. „So lassen sich je nach jahreszeitlichem Anfall Waldrestholz und Holz von schnellwachsenden Arten separat vorhalten, wodurch sich auch eine langfristige Planungssicherheit für den Betrieb und die Ernte der Kurzumtriebsplantagen ergibt“, bestätigt Purucker. In einem finalen Schritt mussten alle alten und neuen Wärmequellen sowie die Gebäude der Liegenschaft durch ein neues Wärmenetz miteinander verbunden werden. Bei dessen Planung galt es, neben der anvisierten Effizienz auch den geringstmöglichen baulichen Aufwand heruaszuarbeiten, weshalb sich die Ingenieure von Gammel gegen eine Ringleitung entschieden und für eine sternförmige Auslegung aussprachen. Dadurch musste die Straße beim Bau weniger oft gequert werden und die Spitzenlasterzeuger ließen sich dezentral in das Netz einbinden. Durch die neue Anlagenkonstellation und Leitungsanordnung, in der die Heizölkessel lediglich als Ausgleichsquellen dienen, lässt sich mehr Heizöl substituieren und somit erheblich CO2 einsparen. Dabei sieht die Energieverteilung nun vor, dass 37 % der Wärmeleistung als Grundlast von den BHKWs und 57 % als Mittellast über die Hackschnitzelanlage gedeckt werden. Die Bestand-Ölkessel liefern die restlichen 6 % Spitzenlast. Neben dem Heizwerk, der Biogasanlage und den Heizölkesseln sind in das Netz nun unter anderem das Verwaltungsgebäude, eine Werkstatt in der Schlepperhalle, die Futterhalle mit den angebundenen Kälber- und Kuhställen, Laborgebäude, ein Komplex mit vier Gebäuden, in dem Seminarräume, Büros, die Kantine und ein Internat untergebracht sind, sowie die Baulehrschau II eingebunden. Zwar wurde das gesamte Areal mittlerweile aufgeteilt in die Bayerischen Staatsgüter und die Landesanstalt für Landwirtschaft. Dies stellt allerdings kein Problem dar, da die erzeugten und verbrauchten Wärmemengen erfasst und gegenseitig verrechnet werden. Aktuell wird zudem überprüft, inwieweit andere Liegenschaften der Bayerischen Staatsgüter über regenerative Energiequellen mit Wärme versorgt werden können. Das erfolgreich von Gammel umgesetzte Konzept in Grub dient dabei als Grundlage für die praxisnahe Entwicklung ähnlicher Projekte.

Weitere Informationen unter: www.gammel.de, www.baysg.bayern.de und www.lfl.bayern.de

Die Projektbeteiligten

Die bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft unterhält in Grub die Institute für Tierzucht, Landtechnik und Tierhaltung sowie Tierernährung und Futterwirtschaft. Hier werden praxisreife Verfahren zur Erzielung genetischer Fortschritte bei landwirtschaftlichen Nutztieren erforscht und entwickelt. In den Arbeitsgruppen stehen Themen zu Leistungsprüfung, Zuchtwertschätzung, Molekulargenetik, Biotechnik, genetischen Ressourcen und der Gestaltung von Zuchtprogrammen im Mittelpunkt. Zudem soll eine bedarfsgerechte Versorgung der Nutztiere mit Energie, Nähr-, Mineral- und Wirkstoffen gewährleistet und damit Gesundheit, Wohlbefinden sowie Leistungsfähigkeit der Tiere gefördert werden. Dabei werden auch neue Verfahrenstechniken für die pflanzliche und tierische Erzeugung entwickelt und erprobt.

Die Bayerischen Staatsgüter sind ein Nettostaatsbetrieb und umfassen alle landwirtschaftlichen Betriebe des Landwirtschaftsressorts. Diese beinhalten ca. 500 Mitarbeiter an 25 Standorten, ca. 3600 ha Betriebsfläche, ca. 2000 GV Tierhaltung aller Nutztierarten, mit ca. 30 % Ökoflächen. Die drei Geschäftsfelder der BaySG sind Landwirtschaft, Versuch und Bildung. Sie sind in erster Linie Dienstleister im Versuchs- und Bildungswesen für die Landesanstalt für Landwirtschaft und das Landwirtschaftsressort. Die Landwirtschaft mit ihren Flächen und Tierhaltungen ist der Unterbau dafür. Die Betriebe sollen und werden als Vorzeigebetriebe geführt werden und in Sachen Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz, Artenvielfalt beispielhaft sein.

Die Gammel Engineering GmbH wurde 1987 von Michael Gammel gegründet und ist ein inhabergeführtes Familienunternehmen mit Sitz in Abensberg. Das Unternehmen bietet Ingenieurdienstleistungen der Technischen Gebäudeausrüstung, im Bereich dezentrale Energiesysteme und Energieeffizienz an und führt alle Aufgaben von der Planung über die Bauleitung bis zur Betriebsbetreuung durch. Gammel hat sich darauf spezialisiert, individuelle, dezentrale Energiesysteme in bestehende Produktionsprozesse in Unternehmen einzubinden. Für die Planung und Errichtung der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungsanlage bei OSRAM in Eichstätt erhielt das Unternehmen vom B.KWK die Auszeichnung „Blockheizkraftwerk des Jahres“. Gammel Engineering bietet 55 Mitarbeitern hochwertige Arbeitsplätze.


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