Gewerkeübergreifend Sanitär

Mangelhafte Rückstausicherung kommt teuer zu stehen (Teil 2)

KESSEL AG (5)
Funktioniert der Rückstauschutz im Ernstfall nicht, ist mit hohen Schäden am Bauwerk und der Einrichtung zu rechnen.
KESSEL AG (5)

Was die verlässliche und fachgerechte Rückstausicherung angeht, sind Hausbesitzer oft nicht genug informiert und fachlich auch überfordert. Genau hier ist der kompetente Installateur gefordert, der weiß worauf es ankommt und sowohl den Bauherren als auch seinen Architekten umfassend und zukunftssicher berät.

von: Redaktion

Das Phänomen Rückstau kann jeden treffen. Überflutungen durch Rückstau verursachen im schlimmsten Fall enorme Schäden und kosten viel Zeit, Geld und Kraft (Bild 1). Ein fachgerechter und sicherer Schutz vor zurückdrückendem Wasser aus der Kanalisation ist daher die Lösung. Hat der Hausbesitzer keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen, muss er für Schäden, die gerade bei fäkalienhaltigem Wasser nicht zu unterschätzen sind, selbst aufkommen. Funktioniert der Rückstauschutz im Ernstfall nicht und es kommt zu Überschwemmungen, taucht berechtigterweise die Frage auf: Was ist hier schief gelaufen? In der Praxis sind häufig folgende Mängel und Fehler bei der Planung und Installation von Entwässerungsanlagen zu beobachten: 

-falsch bemessene Rückstauebene (RSE)
-keine Trennung zwischen Anfallstellen oberhalb und unterhalb der RSE
-keine Trennung zwischen Schmutz- und Niederschlagswasser
-falsche Produktauswahl
-Fehler beim Einbau
-Fehler bei der Wartung und Betreuung

Korrekte Bestimmung der Rückstauebene
Die maßgebliche Rückstauebene ist die höchste Ebene, bis zu der das Abwasser, in Folge eines Rückstaus im Kanalnetz, ansteigen kann. Aus ungesicherten Ablaufstellen, welche sich unterhalb der maßgeblichen Rückstauebene befinden, würde ungehindert Abwasser austreten. Oft enthalten die Satzungen der zuständigen Behörde allgemeine Angaben zur Rückstauebene. Doch muss die Verwendbarkeit dieser Bestimmungen im Einzelfall hinterfragt und überprüft werden. Denn Abwasser kennt keine rechtlichen Regeln aus der Ortssatzung, sondern gehorcht ausschließlich dem physikalischen Prinzip der kommunizierenden Röhre. Der Fachmann muss daher den relevanten Anschlusspunkt des Gebäudes an den Straßenkanal und den nächstgelegenen wirksamen Entspannungspunkt ermitteln. Gemäß ÖNORM B 2501 ist dies der, entgegen der Fließrichtung des Straßenkanals gesehen, nächste Kanalschacht mit offenem Gerinne oder Einlaufgitter. Damit rückstauendes Abwasser nicht gleichzeitig auf dem Grundstück austritt, braucht es zusätzlich einen Sicherheitsabstand. Dieser wurde in der B 2501 mit 15 cm festgelegt. Somit stellt die Oberkante dieses Entspannungspunktes zuzüglich 15 cm die Linie der maßgeblichen Rückstauebene dar. Diese Ebene wird dann auf alle Entwässerungsgegenstände auf dem Grundstück „gespiegelt“. Bei starken Hanglagen können dann auch Ablaufstellen im Erdgeschoss oder in höheren Stockwerken unter der Rückstauebene liegen (Bild 2). Das Abwasser muss sich soweit anstauen können, bis es aus dem Straßenkanaldeckel, welcher bei der Ermittlung der Rückstauebene hervorgegangen ist, austritt. Weiter gilt zu beachten, dass sich beim Anschluss an ein Trennsystem zwei unterschiedliche Rückstauebenen ergeben sowie bei größeren Grundstücken mit mehreren Kanalanschlüssen sogar weitere unterschiedliche Rückstauebenen für die einzelnen Entwässerungsgegenstände wirksam sein können. Erst wenn die Rückstauebene zuverlässig bestimmt ist, kann der Installateur prüfen, welche Entwässerungsgegenstände davon betroffen sind. 

Trennung der Anfallstellen ober- und unterhalb der Rückstauebene (RSE)
Oberhalb der RSE anfallendes Abwasser ist mit freiem Gefälle in die Kanalisation zu entwässern. Umgekehrt ist eine Ableitung über Rückstausicherungsanlagen zu vermeiden. Dann droht die Gefahr einer inneren Überflutung. Nur für den Fall, dass kein ausreichendes Gefälle zum Kanal besteht, muss das Abwasser gemäß ÖNORM EN 12056-4 mittels Abwasserhebeanlage in den Kanal befördert werden. Unterhalb der RSE anfallendes Schmutzwasser muss in jedem Fall gegen Rückstau abgesichert werden. Eine fehlende Absicherung bedeutet, dass sich Abwasser bei Rückstau auf dem Grundstück oder im Gebäude ausbreitet. Niederschlagswasser, das oberhalb der RSE anfällt, ist mit freiem Gefälle in die Kanalisation zu entwässern. Dies betrifft sowohl Dachflächen, als auch Flächen auf dem Grundstück. Geeignete Maßnahmen sind zu treffen, damit Starkregenereignisse nicht zu Überflutungen führen. Niederschlagswasser, das unterhalb der RSE anfällt, sollte möglichst vermieden oder so klein wie möglich gehalten werden. Dies ist jedoch in vielen Fällen wie beispielsweise bei Tiefgaragenabfahrten, Kellerabgängen oder Innenhöfen nicht immer vermeidbar. Dann ist immer eine Rückstausicherung erforderlich. Grundsätzlich sind alle Ablaufstellen für Regenwasser von Flächen, welche unterhalb der RSE liegen, über eine automatisch arbeitende Abwasserhebeanlage mit Rückstauschleife an den Entwässerungskanal anzuschließen. Da der Zufluss nicht unterbrochen werden kann, sind laut EN 12056-4 immer Doppelanlagen vorzusehen, welche für den Dauerbetrieb geeignet sind. Nur bei Flächen kleiner als 10 m2 darf ein Rückstauverschluss verwendet werden, wenn ausreichende Schwellen ein Überfluten verhindern.

Fehlende Leitungstrennung
Eine Vermischung dieser Abwasserarten aufgrund fehlender Systemtrennung führt zu zusätzlichen Risiken und zu einer ungewollten inneren Überflutung. Die falsch verstandene Installation einer Rückstausicherung birgt die Gefahr, das ganze Gebäude unter Wasser zu setzen. Ein sehr häufiger Fehler ist die fehlende Trennung zwischen Abwasser oberhalb und unterhalb der Rückstauebene. Wenn nun ein Rückstauereignis eingetreten ist, wird gerne ein Rückstauverschluss nachgerüstet. Damit ist zwar ein Schutz im Rückstaufall gewährleistet. Doch bei weiterer Benutzung der Entwässerung wird das Abwasser dann im Keller austreten. Es führt dann also zu einer inneren Überflutung. Auch die Verwendung einer Abwasserhebeanlage mit Rückstauschleife schafft zwar eine Verbesserung. Doch muss nun sämtliches anfallendes Abwasser unnötigerweise gepumpt werden. Bei Pumpenausfall, zum Beispiel durch Stromausfall oder vergessene Wartung, führt dies ebenfalls zu einer inneren Überflutung. Dieses Beispiel zeigt also eindringlich, 
wie wichtig die Leitungstrennung ist. Einer Leitungstrennung sollte immer der Vorrang vor allen anderen Maßnahmen gegeben werden. Erst dann macht die Auswahl der geeigneten Rückstausicherungsmaßnahme Sinn (Bild 3). Weiterhin muss auch ein Bewusstsein dafür entstehen, dass durch Veränderung der Anlage, sowohl in der Liegenschaft aber auch in der Kanalisation, sich die Rückstausituation verändert. Dann sind erneut eine Überprüfung und gegebenenfalls neue Maßnahmen erforderlich.

Produktauswahl passend zu den Einsatzbedingungen
Gemäß Systemnorm EN 12056 erfolgt der Schutz gegen Rückstau durch Abwasserhebeanlagen mit Rückstauschleife. Alternativ dazu können in Österreich nach ÖNORM EN 12056-4 bei Räumen untergeordneter Nutzung auch Rückstauverschlüsse eingesetzt werden. Zusätzlich hat sich in den letzten Jahren eine Kombination aus beiden Produktprinzipien entwickelt, sogenannte Rückstauhebeanlagen, bestehend aus einem Rückstauverschluss mit vorgeschalteter Hebeanlage. Dieser Anlagentyp muss gemäß ÖNORM B 2501 eine hohe Sicherheit aufweisen und ist in Deutschland baurechtlich über allgemein bauaufsichtliche Zulassungen geregelt (Bilder 4). Nach der Entscheidung für den korrekten Anlagentyp muss weiter abgeklärt werden, ob das gewählte Produkt für die Art des anfallenden Abwassers geeignet ist. Bei fäkalhaltigem Abwasser aus WC-Anlagen gelten besondere Vorgaben:

-Abwasserhebeanlagen und Rückstauhebeanlagen nur nach 
-ÖNORM EN 12050-1
-Rückstauverschlüsse nur Typ 3 mit motorisch angetriebener Klappe nach ÖNORM 13564-1 

Nur diese Anlagen erfüllen die geforderten Produkttests, welche die Belastung in der Praxis durch Abwasser mit Fäkalien, Toilettenpapier oder Feuchttücher simulieren. Bei Verwendung anderer Produkte wie zum Beispiel einem Rückstauverschluss mit Pendelklappen muss immer wieder mit folgenschweren Störungen gerechnet werden. Diese Produkte sind dafür nicht konzipiert. Der kompetente Installateur wird darauf hinweisen.

Handlungsempfehlungen für die Planung Rückstau
Damit Installateure ihrer Gewährleistungspflicht gerecht werden, hilft nur eine gründliche Planung vor dem Einbau einer Rückstausicherungsanlage. Empfohlen wird in folgenden Schritten vorzugehen (Bild 5): 

A. Ermittlung der relevanten Rückstauebene bzw. Rückstauebenen:
-
Wo ist die Anbindung an den öffentlichen Kanal?
-Welche Entspannungspunkte sind wirksam?
-Besteht ausreichender Sicherheitsabstand zur physikalischen Stauebene?

B. Festlegung der erforderlichen Führung der Abwasserleitungen:
-
Trennung zwischen Niederschlags- und Schmutzwasser?
-Trennung über- und unterhalb der Rückstauebene?

C. Ermittlung der über das Leitungssystem betroffenen Entwässerungsgegenstände:
-
Welche Gegenstände sind nun betroffen?
-Wie sind diese zu schützen?

D. Festlegung des Schutzkonzeptes:
-
Aufstellort innerhalb oder außerhalb vom Gebäude?
-Zentral- oder Einzelabsicherung?

E. Auswahl der geeigneten Anlagensysteme zur Sicherung gegen Rückstau:
-
Rückstauverschluss?
-Abwasserhebeanlage?
-Rückstauhebeanlage?

F. Auswahl der geeigneten Produkte
-
Für fäkalienhaltiges Abwasser?
-Auslegungsdaten der Hebeanlage?

G. Risikobewertung:
-
Was passiert bei Stromausfall?
-Restrisiko der Überflutung bei Rückstau?
-Gefahr der inneren Überflutung?
-Aufklärung des Betreibers?

Teil 3 der Serie "Rückstausicherung" erscheint nächste Woche!

 

 


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