Die EN 12502-2 beschreibt sieben Korrosionsmechanismen: gleichmäßige Flächenkorrosion, Lochkorrosion, Selektive Korrosion, Bimetallkorrosion, Erosionskorrosion, Spannungskorrosion, Korrosionsermüdung. Jeder Rohrleitungswerkstoff, ob Stahl, Kunststoff oder Kupferwerkstoff, hat seine eigenen Stärken und Schwächen. Es ist entscheidend zu beachten, dass nicht nur die chemische Zusammensetzung, sondern auch die Verarbeitung der Werkstoffe einen wesentlichen Einfluss auf deren Beständigkeit hat. Gusswerkstoffe weisen bei gleicher chemischer Zusammensetzung aufgrund von Oberflächenporen oder Seigerungen eine geringfügig schlechtere Korrosionsbeständigkeit auf als der vergleichbare Knetwerkstoff [GDM 1997]. Viel wesentlicher ist jedoch die Wärmebehandlung, welche bei gleicher Zusammensetzung zu unterschiedlichen Phasenanteilen im Gefüge derselben Legierung führt, vgl. Abbildung. Auch kleinere Legierungsanpassungen innerhalb der genormten Werkstoffe führen zu unterschiedlichen Werkstoffgefügen und damit zu anderen physikalischen Eigenschaften. Daher gibt es für denselben Werkstoff, der der Norm entspricht, unterschiedliche Markennamen, wie z. B. Siliziumbronze, Cuphin oder Ecobrass, die alle leicht unterschiedliche Varianten von CW724R sind. Abbildung zeigt ein Beispiel für ein Material und zwei Zustände. Das linke Bild zeigt ca. 11 % kappa-Phase und das rechte Bild ca. 2 %.
Da dies einen so großen Einfluss hat, wurde eine Prüfung für selektive Korrosion entwickelt. Die ISO 6509 macht die Entzinkungsbeständigkeit von Kupfer-Zink-Legierungen vergleichbar und damit bewertbar. Zu beachten ist, dass ein chemisch gleicher Werkstoff je nach Verarbeitung und Wärmebehandlung entzinkungsbeständig oder nicht entzinkungsbeständig sein kann.
Die EN 806-4 weist das Thema Bimetallkorrosion von Edelstahlrohren mit Fittings aus Kupfer und Kupferlegierungen als unproblematisch aus; vgl. Tabelle 2. So ist es nicht verwunderlich, dass es hierzu keine dänische oder europäische Prüfnorm gibt. Vielmehr wird in der Hygieneprüfung nach EN 15664 für alle Prüfwässer obligatorisch die Kombination aus Edelstahlrohren mit Fittings aus Kupfer und Kupfer-Legierungen vorgeschrieben. Die Kombination ist allgemein anerkannt.
Geeignete Legierungen sind entzinkungsbeständig
Eine mögliche Untergliederung der technisch denkbaren und gesundheitlich unbedenklichen Kupfer-Zink-Legierungen kann nach den Anforderungen der ISO 6509 in entzinkungsbeständige und eingeschränkt entzinkungsbeständige Legierungen getroffen werden. Letztere Gruppe ist v.a. aus technisch-physikalischen Gründen (höhere Korrosionsanfälligkeit) nur eingeschränkt für eine Trinkwasserinstallation geeignet, kann jedoch oft für andere Anwendungsbereiche wie z. B. Heizung oder Gase gut eingesetzt werden, da in diesen Kreisläufen entweder kein Sauerstoff oder Wasser eingetragen werden und somit keine oder nur in sehr geringem Umfang Korrosionsprozesse ablaufen.
Sehr gut und uneingeschränkt für Trinkwasser geeignet ist der Werkstoff CW724R (chemische Bezeichnung CuZn21Si3P, Siliziumbronze). CuZn21Si3P weist neben einer alpha-Phase üblicherweise eine gamma- und eine kappa-Phase auf. Die für Entzinkung besonders anfällige beta-Phase wird so vermieden. Dies zeigt sich auch in den durchweg sehr guten Ergebnissen der Entzinkungsprüfung nach ISO 6509. Vorausgegangen waren der Markteinführung umfangreiche grundlegende Werkstoffuntersuchungen, die die Trinkwassereignung schon zu diesem Zeitpunkt in Theorie und in Feldtests einwandfrei nachgewiesen haben. CW724R ist zudem bereits seit 2009 in Deutschland und zahlreichen anderen Ländern auf dem Markt, sodass mit diesem Werkstoff die meisten praktischen Erfahrungen vorliegen. Grenzwertüberschreitungen bei Blei oder anderen ECHA-gelisteten Stoffen wurden in dem gesamten Zeitraum nicht gemeldet oder nachgewiesen. Hinzu kommt ein äußerst positiver Einfluss von Silizium und Phosphor auf Korrosionsbeständigkeit. Phosphor gilt neben Arsen und Antimon als Entzinkungsinhibitor [EN 12502] und ersetzt bei hygienischen Werkstoffen das Arsen, das wie Blei und Antimon als bedenklich gilt. Die positiven Verschleißeigenschaften von intermetallischen Silizium-Phasen beugen Erosion vor. Zudem spricht eine ganz praktische Erwägung für diesen Werkstoff: aus dieser Legierung gefertigte Fittings lassen sich sowohl mit Kupferrohren als auch mit Edelstahlrohren verbinden.
Die seit 2009 positiven Erfahrungen mit CuZn21Si3P führten dazu, dass 2018 mit CuSi4Zn9MnP (CC246E) eine zweite siliziumhaltige CuZn-Mehrstofflegierung für die Fittingproduktion eingeführt wurde. Die etablierte Handelsbezeichnung „Siliziumbronze“ war bereits bekannt und wurde für diese Legierung übernommen. Obwohl der Begriff Siliziumbronze vom Hersteller der Rohrleitungssysteme für CW724R eingeführt wurde und CC246E eine leicht andere Zusammensetzung hat, weisen beide eine besonders positive Eigenschaft auf: Mit einem Siliziumgehalt von mehr als 2 % sind sie unempfindlich gegenüber Spannungsrisskorrosion [EN 1254-7]. CuSi4Zn9MnP enthält außerdem Mangan. Zu den langfristigen Auswirkungen von Mangan in Kombination mit Silizium, Zink und Phosphor gibt es bisher allerdings kaum oder keine Erkenntnisse. Auch ist nicht bekannt, in welchem Umfang Produkte aus CuSi4Zn9MnP in Kontakt mit Trinkwasser bisher im Markt verbreitet sind. Die seit 2009 durchweg positiven Erfahrungen mit der etablierten Siliziumbronze CuZn21Si3P lassen vermuten, dass auch diese Legierung geeignet ist.
2022 folgt eine weitere komplexe Legierung CuSn4Zn2PS [noch ohne CC-Bezeichnung] mit den Hauptlegierungselementen Zn und Sn, die ebenfalls uneingeschränkt für Trinkwasseranwendungen genutzt werden kann. Diese setzt anstatt auf Blei auf Phosphor und Schwefel. Phosphor dient, wie bei den beiden siliziumhaltigen Legierungen unter anderem als Entzinkungsinhibitor. Schwefel wird vor allem für eine gute Zerspanbarkeit eingesetzt, da dieser mit Kupfer eine spröde Cu2S Phase bildet, so die Spanlänge reduzieren und damit die Zerspanbarkeit verbessern soll. Erste wissenschaftliche Erkenntnisse wurden auf dem Fachkongress „Copper alloys 2022“ (Haake 2022) vorgestellt. So zeigen die künstlichen Alterungsuntersuchungen mit Chlor nur oberflächliche Werkstoffangriffe. Darüber hinaus haben nach Aussage des Autors Feldtests in Deutschland über einen Zeitraum von vier Jahren zu keinen größeren Schäden geführt.
Ein weiterer Werkstoff mit uneingeschränkter Trinkwassereignung befindet sich aktuell noch in der Entwicklung, ist aber bereits auf der neuen Positivliste vermerkt: CuZn35Sn1P (CW727R) nutzt Zinn und Phosphor als Inhibitor der viel beachteten selektiven Korrosion. Hier stehen noch ausführliche Prüfungen aus; dabei fließen die Erfahrungen aus der Entwicklung der bereits im Markt eingeführten Werkstoffe ein.
Tabelle 3 zeigt eine Übersicht über die neu eingeführten hygienischen Kupfer-Zink-Legierungen, die anstatt der bleihaltigen Kupfer-Zink-Werkstoffe für Trinkwasseranwendungen entwickelt wurden.
Eingeschränkt geeignete Legierungen
Neben diesen vier Kupferwerkstoffen, die uneingeschränkt für die Trinkwasseranwendung eingesetzt werden können, gibt es solche, die technisch-physikalisch nur eingeschränkt nutzbar sind. So wurde 2023 ein Werkstoff vorgestellt, der CW617 (CuZn40Pb2) ersetzen soll. Der als EZEEE bezeichnete Werkstoff CuZn41Mg setzt anstatt auf Blei auf eine Zulegierung von Magnesium. Da diese Legierungen in Trinkwasserinstallationen nicht eingesetzt werden sollen, werden sie hier nicht weiter betrachtet.