Klima-Lüftung

Neue Luftführung im Berliner Pergamonmuseum

Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Eine besondere Herausforderung bei der Sanierung ist die Erneuerung der Raumlufttechnik un-ter Denkmalschutzvorgaben.
Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Die Berliner Museumsinsel zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist eines der Besucherhighlights der Hauptstadt. Ein wichtiger Bestandteil der Museumsinsel ist das äußerst beliebte Pergamonmuseum. Seit 2013 findet abschnittsweise eine umfängliche Grundinstandsetzung statt – unter Berücksichtigung der Denkmalschutzvorgaben und über einen langjährigen Zeitraum. Eine besondere Herausforderung ist dabei die Erneuerung der Raumlufttechnik.

von: Redaktion

Imposante Rekonstruktionen wie das Ischtar-Tor aus Babylon oder der Pergamonaltar sowie die Ausstellungen der Antikensammlung, des Vorderasiatischen Museums und des Museums für Islamische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin ziehen jährlich tausende Besucher ins Pergamonmuseum. Das ursprünglich 1930 eröffnete Museum besteht heute aus einer Dreiflügelanlage, die im Zuge der Sanierung unter anderem um den ursprünglich geplanten, jedoch nie realisierten vierten Flügel am Kupfergraben erweitert wird. Zunächst werden im ersten Bauabschnitt der Nordflügel und der Mittelteil saniert. Das Architektenbüro O.M. Ungers gewann den Architekturwettbewerb zur Grundinstandsetzung und Erweiterung des Pergamonmuseums, inzwischen ist die Werkgemeinschaft Pergamonmuseum GmbH mit der Ausführungsplanung und der Überwachung der Bauarbeiten beauftragt. Sanierungen bedeutender Kulturgüter sind grundsätzlich immer etwas Besonderes, auch wenn die Ausstellungsobjekte der Antikensammlung, des Museums für Islamische Kunst und des Vorderasiatischen Museums unempfindlicher als Bilder in einer Gemäldeausstellung reagieren und geringere konservatorische Anforderungen bezüglich der Einhaltung von Raumtemperatur und Raumluftfeuchte sowie deren zeitlichen Verlauf zugrunde gelegt werden können. Die langjährige Planungs- und Ausführungszeit zeigt deutlich den hohen technischen und architektonischen Anspruch, eine vorhandene, denkmalgeschützte Bausubstanz mit vertretbaren Eingriffen behutsam aber zugleich tiefgreifend auf den heutigen Stand der Technik zu überführen.

Frische Luft in den Ausstellungsräumen
Die TGA-Detailplanung beruht auf einer intensiven Kooperation mit drei verschiedenen Planungsbüros entsprechend den jeweiligen Phasen der Planung und Ausführung. Die Stuttgarter Lüftungsexperten von Kiefer Klimatechnik haben bereits langjährige Erfahrung mit der richtigen Belüftung von Museen und Ausstellungen. Norbert Hinderer, Vertriebsingenieur bei Kiefer Klimatechnik berichtet: „Museen sind äußerst spannende Aufgabenstellungen. Jedes Bauvorhaben ist anders – ob das Museum Louvre in Abu Dhabi oder der Wiederaufbau des Neuen Museums auf der Museumsinsel – zum Glück gelten jedoch überall die gleichen physikalischen Gesetze.“ Beim Pergamonmuseum gibt es in den klassischen Ausstellungsräumen unterschiedliche Raumhöhen, zusätzlich sind Denkmalschutzvorgaben und die sich im Planungsprozess geänderten Kühllasten und Luftmengen zu berücksichtigen. Daher hat man sich im intensiven und konstruktiven Planungsprozess in überwiegender Abstimmung mit den TGA-Fachingenieuren für eine Luftführung mittels INDUL Schlitzdurchlässen entschieden. Neben einem unauffälligen Einbau verhindert die spezielle Freistrahlcharakteristik Schmutzablagerungen entlang des Luftauslasses. Dadurch werden Decken länger staubfrei gehalten. Die äußerst hohe Induktion ermöglicht zudem selbst bei sehr tiefen Einblastemperaturen eine Zugfreiheit. In millimeterfeine Einzelstrahlen aufgeteilt wird die Zuluft abwechselnd links und rechts im 45-Grad-Winkel dem Raum zugeführt. So wird in den klimatisierten Ausstellungsräumen eine angenehme Atmosphäre geschaffen – ganz ohne spürbaren Luftzug.

Unauffällige Montage
Für eine ästhetische Deckengestaltung lassen sich die Schlitzdurchlässe problemlos in alle Deckenfugen integrieren. Beim Pergamonmuseum wurden sie genau zwischen Lichtdecke und umlaufendem Randfries platziert. So sind sie für die Besucher unauffällig und werden den hohen architektonischen Anforderungen gerecht. Durch die Trennung der Installationsebene Raumlufttechnik von der Lichtdecke sind geometrische Sonderausführungen der Luftverteilkästen notwendig, um diese spezielle Anschluss-Situation platzsparend umzusetzen. In einigen Räumen sind teilweise Wandteppiche als Ausstellungsobjekte vorgesehen. Um eine Eigenbewegung der Teppiche auszuschließen, war hier ein Kompromiss aus gewünscht hohem Austrittsimpuls der Zuluft über die Schlitzdurchlässe, dem Richtungsimpuls der Zuluft und dem schnellen Geschwindigkeitsabbau erforderlich. Auch die teilweise schallharten Ausführungen der Ausstellungsräume erschwerten den Planungsprozess. Der Anhaltswert der mittleren Nachhallzeit liegt für Museumsneubauten bei ca. 1,5 s. Während der Planung haben bauakustische Messungen und Simulationen eine reale zu erwartende Nachhallzeit von 3-8 s je Raum ergeben. Daher mussten die bisherigen RLT-Lösungen überarbeitet werden. Dass die umfangreiche Planung tatsächlich auch funktioniert, bestätigten die ersten Arbeiten Anfang des Jahres 2020 beim Ausbau des Telephossaales. Der weitere Ausbau erfolgt nun Raum für Raum.

Sonderlösung im neuen Eingangsgebäude
Als Haupteingang und zur Erschließung der zukünftigen Archäologischen Promenade erhält das Pergamonmuseum im Ehrenhof einen, dem Mittelbau vorgelagerten Neubau – den Tempietto. Dieser „kleine Tempel“ als Stahl-Glas-Konstruktion bildet die zeitgenössische Interpretation des Eingangsportals. Die nahezu vollständig transparente Konstruktion ermöglicht lediglich eine Luftführung im Sockelbereich. Hierzu kommen Sonderauslässe auf Basis INDUQUELL DIV als Flächenauslässe zum Einsatz. Diese sind umlaufend angeordnet und hinter einem ca. 40 cm hohen Guss-Gitter für den Besucher unsichtbar installiert. Die Geometrie der Auslässe sowie das Ausblasverhalten der Zuluft wurde individuell an die Guss-Gitter angepasst und im Zuge der Planung abgestimmt. Bei Quellluft-Systemen erfolgt die Zufuhr der Zuluft in den Raum turbulenzarm mit geringem Impuls. Vorteile sind die geringen Luftgeschwindigkeiten sowie ein nahezu geräuschloser Betrieb. Quellströmungen erzeugen ein über die Raumhöhe ansteigendes Temperaturprofil. So gelangt die zugeführte Frischluft direkt zu den Besuchern und es entsteht eine hohe Luftqualität im Aufenthaltsbereich. Prinzipiell können Quell-Luftdurchlässe als Decken-, Wand-, Brüstungs- und Sockeleinbau angeordnet werden. Durch eine hohe Temperaturdifferenz bis – 8 K sind sie zugleich leistungsstark und energieeffizient. Für den zweiten Bauabschnitt steht Norbert Hinderer als Vertriebsingenieur erneut bereit: „Der erste Ausstellungsraum ist bereits fertiggestellt, nach und nach folgen jetzt die weiteren Räume. Der erste Bauabschnitt soll bis 2025 abgeschlossen sein. Der zweite Bauabschnitt folgt anschließend, dafür haben die Planungen schon begonnen.“ Nach der vollständigen Fertigstellung ist für die Besucher ein kompletter Rundgang durch das Pergamonmuseum möglich.

Weitere Informationen unter www.kieferklima.de

 

 

 

 


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