Bei allem Fortschritt in der Messtechnik: Etablierte Ansätze stoßen bei Messaufgaben in schwierigen Betriebs- und Umgebungsbedingungen derzeit meist an ihre Grenzen und liefern ungenaue bis gar keine Ergebnisse. Speziell in der Eisen- und Stahlindustrie liegen die Hauptgründe in fehlender bzw. geeigneter Sensorik, die mit der dominanten Präsenz von Störeinflüssen wie Rauschen, elektromagnetischer Strahlung, Hitze, Staub oder Alterungseffekten verwendet werden kann. Ein Umstand, den das „Christian Doppler Labor für Messsysteme für raue Betriebsbedingungen“ ändern will. Dieses jüngste CD-Labor der TU Graz wurde heute, Dienstag, 28. September 2021, in kleinem Rahmen eröffnet. Sieben Jahre lang wird nun gemeinsam mit den Firmenpartnern voestalpine Stahl GmbH, voestalpine Stahl Donawitz GmbH und AVL an neuen Messmethoden und -systemen geforscht.
Größter öffentlicher Fördergeber des CD-Labors ist das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW). „Unsere CD-Labors bringen für Unternehmen den entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen gemeinsam mit den Unternehmenspartnern enorm wichtige Parameter. Mit der Möglichkeit, genauer zu messen, könnten Sicherheitsmargen reduziert und dadurch Prozesse wesentlich effizienter gestaltet werden. Die Folgen sind Einsparungen bei Material und Emissionen, ein Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen und zugleich ein Fortschritt beim Schutz von Klima und Umwelt“, so Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck.
Von der Stahlherstellung bis zur Alterungsvorhersage für Batterien
Die im CD-Labor aufgeworfenen Grundlagenfragen spannen ein neues Forschungsfeld der Messtechnik auf, das erstmals in seiner Gesamtheit erforscht werden soll. Die Schwerpunkte sind die Durchflussmesstechnik in pneumatischen Förderprozessen (das betrifft den Transport von Schüttgut mittels Über- oder Unterdruck durch Rohre und Schläuche), die robuste Prozessmesstechnik in der Sekundärmetallurgie (essentieller Prozessschritt der Stahlproduktion zur Qualitätssteigerung), Sensoren zur verbesserten Durchflussregelung von sogenannten Stranggussanlagen, an denen flüssiger Stahl kontinuierlich (zu einem Endlosstrang) vergossen wird, sowie die Zustandsüberwachung für Aufbereitungsanlagen und die Alterungsvorhersage für Lithium-Ionen Batterien.
„Wir wollen nicht nur Ergebnisse für neue Messsysteme und Sensorlösungen zum Vorteil unserer Firmenpartner hervorbringen, sondern auch das grundlegende Verständnis der Ursachen von sowie den Umgang mit schwach ausgeprägten Sensorsignalen verbessern“, sagt Laborleiter Hannes Wegleiter. Das CD-Labor fußt auf mehrjährigen Vorarbeiten der Arbeitsgruppe „Energy Aware Measurement Systems“ von Hannes Wegleiter am Institut für Elektrische Messtechnik und Sensorik der TU Graz. Im Rahmen des Christian Doppler Labors arbeiten fünf Dissertanten und zwei Senior Scientists an den Forschungsfragen.
Dieses CD-Labor ist an der TU Graz im Field of Expertise „Information, Communication and Computing“ verankert.
Aktuell gibt es an der TU Graz 13 aktive und eröffnete CD-Labors:
CD-Labor für Messsysteme für raue Betriebsbedingungen
CD-Labor für Technologie-basiertes Design und Charakterisierung von elektronischen Komponenten
CD-Labor für Innovative Pichia pastoris Wirts- und Vektorsysteme
CD-Labor für Organokatalyse in der Polymerisation
CD-Labor für Ortssensitive Elektronische Systeme
CD-Labor für die direkte Fabrikation von 3D-Nanosonden
CD-Labor für Stofftransport durch Papier
CD-Labor für Methoden zur Qualitätssicherung von autonomen Cyber-Physikalischen Systemen
CD-Labor für Design von Hochleistungslegierungen mittels thermo-mechanischer Prozesstechnik
CD-Labor für modellbasierte Regelung komplexer Prüfstandssysteme
CD-Labor für bürstenlose Antriebe für Pumpen- und Lüfteranwendungen
CD-Labor für Faserquellung und deren Einfluss auf die Papiereigenschaften
CD-Labor für Semantische 3D Computer Vision
Fördermodell „Christian Doppler Labor“
In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Wissenschafterinnen und Wissenschafter kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG) international als Best-Practice-Beispiel. CD-Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW).