Während die Österreicher sich Sorgen um ihre gestiegenen Energiepreise und Heizkosten machen, stocken im Klimaschutz- und Energieministerium just jene Projekte, die Österreichs Energie-Abhängigkeit vom Ausland reduzieren und den Ausbau der Erneuerbaren vorantreiben. „Wir bieten erneut unsere Mithilfe, unsere Expertise an bei der rascheren Umsetzung von Gesetzen, Verordnungen, Erlässen und Richtlinien“, betont GenDir.-Stv. DI Peter Weinelt, Obmann des Fachverbands Gas Wärme (FGW): „Wir müssen die Abhängigkeit von Energieimporten verringern und die hohen Preise aus dem Ausland senken.“
Die Bandbreite des Projektstaus zieht sich von der Umsetzung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) über das Grün-Gas-Gesetz und betrifft zudem die Gesetze zur Einführung einer strategischen Gasreserve für die heimische Versorgungssicherheit. „Die Versorgung der Haushalte mit erneuerbarer Energie aus Österreich, wie zum Beispiel Biomethan und Wasserstoff sollte gerade jetzt höchste Priorität haben“, sagt Weinelt.
Konkrete Beispiele
Im Juli 2021 wurde das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz beschlossen, aber bis heute fehlen wichtige Verordnungen zur Festsetzung der Investitionsförderung für erneuerbares Gas und Wasserstoff. Diese Anreize wären wichtig, um etwa bestehende Biogasanlagen an das Gasnetz anzuschließen.
Das Grün-Gas-Gesetz, das für Herbst 2021 angekündigt wurde und mit dem Grünes Gas ähnlich wie Ökostrom gefördert werden sollte, ist noch immer nicht in der parlamentarischen Behandlung. Gerade Grünes Gas aus Österreich trägt dazu bei, die Importabhängigkeit von Erdgas zu verringern und hilft gleichzeitig die heimische Wertschöpfung zu erhöhen.
Das Erdgasabgabegesetz sieht zwar bereits eine steuerliche Befreiung von Biomethan, erneuerbarem Wasserstoff und synthetischem Gas aus erneuerbarem Wasserstoff vor. Es fehlen aber nach wie vor die notwendigen Erlässe zur praktischen Umsetzung, sodass klimaneutrale Gase praktisch nach wie vor wie fossiles Erdgas mit der Erdgasabgabe belastet werden. Aus dem gleichen Grund fällt nun ab dem 1. Oktober 2022 zusätzlich auch noch die CO2-Steuer als Kostenfaktor auf der Energierechnung an. Das heißt, ein Biogaskunde zahlt dann nicht nur die Erdgasabgabe, sondern auch CO2-Steuer, obwohl er eigentlich CO2-neutrales Grünes Gas bezieht.
Im Juni 2022 wurde ein Diversifizierungsgesetz für den Ausstieg aus russischem Erdgas und zur Diversifizierung des Erdgasbezugs aus anderen Quellen beschlossen. Für eine Erdgas-Diversifizierung sowie für die Umrüstung von Anlagen auf andere Energieträger in den Jahren 2022 bis 2025 sollen jeweils jährlich 100 Millionen Euro bereitgestellt werden. Was es jetzt dringend braucht, ist ein Erlass der im Gesetz vorgesehenen Richtlinien zu den Umsetzungsdetails durch das Klimaschutz- und Energieministerium.
Gemäß EU „SoS-Verordnung“ hätten die EU-Mitgliedstaaten bis 1. Dezember 2018 Solidaritätsverträge mit ihren jeweiligen Nachbarstaaten abschließen müssen, für den Fall, dass ein Staat seine geschützten Gaskunden nicht mehr versorgen kann. Bis dato hat Österreich jedoch nur einen Solidaritätsvertrag mit Deutschland abgeschlossen. Dies bedeutet zum einen Rechtsunsicherheit bei fehlenden vertraglichen Vereinbarungen und erschwert zum anderen die zeitgerechte Abwicklung im Anlassfall. Dazu ist seit geraumer Zeit auch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Österreich anhängig.
Zur Bewältigung von Krisensituationen ist es essenziell zu wissen, welche Endverbraucher in die Gruppe der geschützten Kunden fallen. Neben Haushaltskunden sind das „grundlegende soziale Dienste“. Diese sind laut Gaswirtschaftsgesetz wenig konkret: sie umfassen „die Bereiche Gesundheitsversorgung, grundlegende soziale Versorgung, Notfall, Sicherheit, Bildung oder öffentliche Verwaltung“. Damit Gasversorger die Versorgungsstandards und auch die Datenübermittlungspflichten der Netzbetreiber an E-Control erfüllen können, wäre eine eindeutige Definition des Begriffes essentiell. Eine Spezifizierung konkreter ÖNACE-Klassen steht jedoch nach wie vor aus.
Auch das neue Energieeffizienzgesetz lässt nach wie vor auf sich warten. Für eine konsequente Senkung des Energieverbrauchs müssen Energieeffizienzmaßnahmen auch im Bereich Gas forciert werden. Das senkt nicht nur den gesamten Energieverbrauch, sondern verringert auch den erforderlichen Anteil an Grünem Gas zur Substituierung von Erdgas.
„Dies sind die dringlichsten Baustellen“, betont Weinelt vom Fachverband Gas Wärme. Mitten in der Energiekrise müssen gerade Projekte zur nachhaltigen Energieversorgung Österreichs vorangetrieben werden. „Schließlich wollen wir bei der Energieversorgung spätestens im Herbst 2023 deutlich besser aufgestellt sein“, sagt Weinelt abschließend.