Neben automatisch arbeitenden Abwasserhebeanlagen können gemäß der Systemnorm ÖNORM EN 12056-4 Rückstauverschlüsse (RSV) zum Schutz vor zurückdrückendem Wasser eingesetzt werden [1]. Wesentliche Voraussetzung für einen sicheren Betrieb ist die Auswahl des geeigneten Rückstauverschlusses.
Gemäß der Produktnorm ÖNORM EN 13564-1 stehen sechs verschiedene Typen zur Auswahl [2]. Deren geeigneten Einsatzbereiche werden sowohl in der europäischen Systemnorm, als auch in der Produktnorm nicht beschrieben. Daraus resultierend haben nationale Normen, wie die ÖNORM B 2501, die deutsche DIN 1986-100 oder die schweizerische SN 592000 Zusatzregelungen getroffen [3,4,5]. Für fäkalienhaltiges Abwasser erlauben die Normen ausschließlich den RSV-Typ 3. Aus Kostengründen oder Unkenntnis wird stattdessen häufig der RSV-Typ 2 mit Pendelklappen verwendet. Im Rahmen einer Bachelorarbeit an der FH Münster wurden die Auswirkungen und die Risiken der nicht normgerechten Verwendung des RSV-Typs 2 bei angeschlossenem WC anhand eines Versuchsstandes untersucht.
Unterschiede der Rückstauverschlusse Typ 2 und 3
Der maßgebliche Unterschied zwischen Typ 2 und 3 ist, wie in Abbildung 1 dargestellt, die Stellung der Klappen während des Betriebs sowie deren Verschluss-Mechanismus. Die mechanischen Pendelklappen des Typs 2 sind permanent durch die Einwirkung der Schwerkraft geschlossen. Ausschließlich bei Abwasserzulauf werden die Klappen kurzzeitig durch das fließende Abwasser minimal geöffnet. Im Gegensatz zu Typ 2 werden die Klappen bei einem RSV- Typ 3 mit Hilfsenergie angetrieben. Diese sind im Normalbetrieb dauerhaft geöffnet und schließen selbständig bei Detektieren von Rückstau mittels eingebauter Sonde. Die geschlossene Stellung muss nach ÖNORM EN 13564-1 entweder akustisch oder optisch angezeigt werden [2]. Infolgedessen wird der Betreiber, anders als bei dem Typ 2, über den Rückstau informiert.
Experimentelle Untersuchung
Der in Abbildung 2 dargestellte Prüfstand wurde nach den Vorgaben der europäischen Norm ÖNORM EN 13564-2 errichtet [6]. Dieser dient der Durchführung der normativ vorgeschriebenen Funktionsprüfungen von Rückstauverschlüssen. Ziel der Arbeit war die Ermittlung der Praxistauglichkeit von Rückstauverschlüssen des Typs 2 und 3 für fäkalienhaltiges Abwasser.
Zur Beantwortung der Fragestellung kam eine seit Jahren bewährte Normprüfung zur Anwendung, welche die Belastung mit Feucht- oder Toilettentüchern nachstellt. Die Prüfung wurde für Rückstauverschlüsse des Typs 2 und 3 durchgeführt, die bei eingelegten Textilkörpern eine ausreichende Dichtheit gewährleisten müssen. Nach ersten negativen Ergebnissen wurden die Testparameter bezüglich Anzahl, Breite oder Rückstaugeschwindigkeit reduziert, um gegebenenfalls einen eingeschränkten Einsatzbereich rechtfertigen zu können.
In einer weiteren Untersuchung kamen sogenannten Fäkalienersatzprüfkörper zum Einsatz, um die Auswirkung der typischen Inhaltsstoffe aus einer WC-Anlage auf das Verschluss-System zu simulieren.
Insgesamt wurden 17 Messungen mit vier Messreihen und jeweils 6 Prüfzyklen mit den genannten Variationen der Parameter durchgeführt. In der ersten Messreihe wurden vier Rückstauverschlüsse verschiedener Hersteller (A, B, C, D) des Typs 2 sowie zwei Rückstauverschlüsse des Typs 3, der Hersteller B und C, gemäß den normativen Anforderungen getestet. Der Messung 6, deren Ergebnisse in Tabelle 1 dargestellt sind, weisen auf, dass beide Rückstauverschlüsse des Typs 3 die Prüfungen bestanden. Im Gegensatz dazu konnten alle Rückstauverschlüsse des Typs 2 den Anforderungen nicht gerecht werden.
Messzyklus Leckagemenge *2 [ml] Ablagerungen [g]*3
0 *1 125 158
1 125 101
2 110 125
3 70 213
4 205 183
5 90 93
Gesamtergebnis/ Durchschnittliche Ablagerungen bestanden
Ø= 120,0
Ø = 143,0
*1 Die Nullmessung jeder Messreihe geht nicht mit in das Gesamtergebnis ein, da diese als Testmessung diente.
*2 Erlaubte Leckagemenge beträgt 500 ml/Einzelprüfung
*3 Ablagerungen vor dem Prüfkörper wurden festgehalten als Indikator für das Risiko einer Verstopfung
In der zweiten Messreihe wurde die Textileinlage, die während der Prüfung in dem Rückstauverschluss positioniert war, verändert. Anstatt der in der ÖNORM EN 13564-2 geforderten vier Textilstücke wurden nur zwei verwendet [6]. Die Messreihe wurde an den vier Rückstauverschlüssen des Typs 2 durchgeführt. Trotz halbierter Einlagendicke konnte kein Typ 2 Rückstauverschluss die Anforderungen aus der Norm erfüllen, wie die Messung Nr. 8 in der Tabelle 2 belegt.
Messzyklus Leckagemenge*2 [ml] Ablagerungen*3 [g]
0 *1 n. b. 238
1 n. b. 101
2 n. b. 239
3 n. b. 190
4 n. b. 177
5 n. b. 396
Gesamtergebnis/ Durchschnittliche Ablagerungen nicht bestanden
Ø = 220,6
*1 Die Nullmessung jeder Messreihe geht nicht mit in das Gesamtergebnis ein, da diese als Testmessung diente.
*2 Erlaubte Leckagemenge beträgt 500 ml/Einzelprüfung
*3Ablagerungen vor dem Prüfkörper wurden festgehalten als Indikator für das Risiko einer Verstopfung
In der dritten Messreihe, die ebenfalls an den vier Rückstauverschlüssen des Typs 2 durchgeführt wurde, erfolgte eine weitere Reduktion der Anzahl der Textileinlagen. Es wurde jeweils ein Textilstück in den Rückstauverschlüssen positioniert. Bei dieser Messreihe konnten zwei der vier Rückstauverschlüsse die Anforderungen erfüllen.
In der vierten Messreihe wurde an einem Typ 2 Rückstauverschluss weitere praxisnahe Störvariablen untersucht. Zum einen wurde das Absperrventil schneller geöffnet (innerhalb von 5 Sekunden statt 60 Sekunden) und zum anderen wurde die Breite der Textileinlage halbiert (5 cm statt 10 cm). Abschließend wurden beide Störvariablen zusammen angewendet. Bei keiner der drei Messungen konnten die Rückstauverschlüsse die Anforderungen der Norm erfüllen.
In einer weiteren Messreihe wurde das Verhalten bei einer WC-Spülung mit typischen Feststoffen simuliert. In einer ersten Prüfung wurde zum Fäkalienersatzprüfkörper jeweils Toilettenpapier oder Feuchttücher als typische Feststoffe zugegeben. In der zweiten Prüfung wurden ausschließlich Fäkalienersatzprüfkörper verwendet.
In beiden Prüfungen ergaben sich beim ersten Spülvorgang Ablagerungen im Bereich der Klappen des Typs 2, die bei mehrmaligen Spülvorgängen nicht freigespült werden konnten. Infolgedessen ist ein sicheres Verschließen der Ruckstauverschlüsse nicht gegeben. Das bedeutet für den Praxisbetrieb, dass die Rückstauverschlüsse des Typs 2 beim normalen Gebrauch eines angeschlossenen WC´s zu Verstopfungen neigen. Das führt zu Störungen der Entwässerungsanlage, die einen zusätzlichen Wartungsaufwand zur Folge haben.
Fazit
In dem vorliegenden Fachartikel wurde die Verwendbarkeit von Rückstauverschlüssen des Typs 2 und Typs 3 gemäß der ÖNORM EN 13564-1 anhand von praxisnahen Versuchen untersucht [2]. Zentraler Aspekt, der im Fachartikel genannten Bachelorarbeit, war die Prüfung der Funktionalität von Ruckstauverschlüssen des Typs 2 unter Verwendung von fäkalienhaltigem Abwasser.
Die Ergebnisse der durchgeführten Messreihen belegen, dass Typ 2 Rückstauverschlüsse bei fäkalienhaltigem Abwasser den sicheren Betrieb nicht gewährleisten können. Bereits bei geringen Anforderungen konnten die Verschlüsse des Typs 2 keinen Schutz vor zurückdrückendem Wasser bieten. Es wurde nachgewiesen, dass die im Betriebszustand geschlossenen Klappen das Risiko der Verstopfung erhöhen. Einzig die Typ 3 Rückstauverschlüsse erfüllten alle normativen Anforderungen und bestanden die durchgeführten Messungen.
Abschließend ist festzuhalten, dass bei fäkalienhaltigem Abwasser nur die Typ 3 Rückstauverschlüsse einen sicheren Betrieb gewährleisten können und die Verwendung von Typ 2 Rückstauverschlüssen ein hohes Risiko bedeutet.
Literaturverzeichnis:
[1] ÖNORM EN 12056-4:2001-01, Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden - Teil 4 : Abwasseranlagen - Planung und Bemessung, Berlin: Beuth Verlag GmbH, 2001
[2] ÖNORM EN 13564-1:2002-10, Rückstauverschlüsse für Gebäude - Teil 1: Anforderungen, Berlin: Beuth Verlag GmbH, 2003.
[3] DIN 1986-100:2016-12, Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke - Teil 100: Bestimmung in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056, Berlin: Beuth Verlag GmbH, 2016.
[4] ÖNORM B 2501:2016-08-01, Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke - Planung, Ausführung und Prüfung - Ergänzende Richtlinien zu ÖNORM EN 12056 und ÖNORM EN 752 Wien, ASI Austrian Standards Insitute, 2016
[5] SN 592000: 2012, Anlagen für die Liegenschaftsentwässerung – Planung und Ausführung, Suissetec Zürich, 2012
[6] ÖNORM EN 13564-2:2003-02, Rückstauverschlüsse für Gebäude - Teil 2: Prüfverfahren, Berlin: Beuth Verlag GmbH, 2003.
Autoren
Michael Steinkamp B.Eng.
Prof. Dr.-Ing. Carsten Bäcker
Lehr- und Forschungsgebiet: Integriertes Planen und Sanitärtechnik
FH Münster – Fachbereich Energie ⋅ Gebäude ⋅ Umwelt
Bernd Harker B.Eng.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter / Projektingenieur
FH Münster – Fachbereich Energie ⋅ Gebäude ⋅ Umwelt
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