Der Anstieg der Arbeitslosenzahlen und drastische Einbußen im Tourismus, Handel und in der Industrie belasten aktuell die gesamte Wirtschaft. Ein wichtiges Mittel, um die heimischen Betriebe zu stärken, liegt in der Unterstützung durch vermehrten Kauf von regionalen Produkten und Dienstleistungen. Es sind aber nicht nur die Konsumenten, die jetzt einen wesentlichen Beitrag zur Gesundung der Wirtschaft leisten können. Auch der Fachhandel trägt durch die Wahl seiner Lieferanten wesentlich dazu bei, die Wertschöpfung im Land zu lassen und Arbeitskräfte zu sichern. „Der österreichische Installateur“ sprach dazu mit Gerhard Aigner (GF Artweger), Manuela Bonifat (GF Polypex GmbH) und Mag. Stefan
Danner (MKW Kunststofftechnik GmbH).
Artweger, MKW und Polypex sind allesamt österreichische Produzenten – wie kam es zu dem aktuellen kommunikativen Zusammenschluss?
Gerhard Aigner: Wir haben die Grundaussage „Kauf jetzt österreichische Qualitätsprodukte“ bereits in unserer eigenen Kommunikation verwendet. Um das Thema prominenter am Markt präsentieren zu können, habe ich Kontakt mit anderen österreichischen Familienunternehmen aufgenommen, die ja alle in einer ähnlichen Situation sind. Die sehr positiven Reaktionen auf diese Initiative haben mich sehr gefreut.
Manuela Bonifat: Die Idee gemeinsam als österreichische Produzenten heimische Produkte aus der Sanitärbranche zu bewerben, fand ich auf Anhieb sehr spannend und wichtig. Das Motto für alle, um gestärkt aus der Krise zu gehen, lautet: KAUF IN ÖSTERREICH – das komplette Bad aus Österreich.
Stefan Danner: Wir sind drei österreichische Familienunternehmen, die Corona-Lage betrifft uns alle gleichermaßen, da war dieser Gedanke naheliegend unsere ergänzenden Kompetenzen zu vereinen.
Was macht aus eurer Sicht den Erfolg von Produkten „Made in Austria“ aus?
Bonifat: "made in Austria" steht für hohe handwerkliche Präzisionsarbeit, moderne Technik, Passgenauigkeit, Liefertreue und Serviceorientierung – und die Sicherheit eines stabilen Wirtschaftssystem. Dieses Vertrauen hat man sich hart erarbeitet und entsprechend nehmen die hochwertigen österreichischen Erzeugnisse in dieser globalisierten Welt stetig an Bedeutung zu. Das Qualitätssiegel "made in Austria" wird heute als kreative und innovative Kraft im In- und Ausland wahrgenommen. Doch dieses Zeichen spricht nicht nur für Qualität, sondern auch für eine Ursprünglichkeit mit starken Wurzeln. Besonders die österreichische Sanitärbranche hat großen Anteil daran, dass mit "made in Austria" ein individuelles Image gestaltet werden konnte, für das Österreich in seiner Gesamtheit steht: Nachhaltigkeit, Tradition, Handwerk, Kreativität, Qualität, Sicherheit und aktiver Umweltschutz. Eigenschaften, die sich in jedem einzelnen Produkt wiederfinden.
Danner: Der Erfolg der Produkte Made in Austria liegt zum einen an der gewohnten Qualität und jetzt besonders an der schnellen und flexiblen Reaktionsmöglichkeit. MKW ist nicht abhängig von Importen, da in Österreich für Österreich und den europäischen Markt produziert wird. Somit generieren wir Wertschöpfung, Nachhaltigkeit und Wohlstand in unserem Wirtschaftsraum.
Aigner: Für uns hat der Erfolg zwei Bausteine: Erstens der Ideenreichtum unseres Teams, der wegweisende Entwicklungen möglich macht wie die Duschbadewanne Twinline oder das 360° Scharnier. Und zweitens die Qualität und Loyalität unserer Mitarbeiter. Bei uns fühlt sich jeder persönlich für verantwortlich. Diese Identifizierung mit dem Unternehmen spornt uns in allen Bereichen an, immer Bestleistungen zu bringen. Und das spüren letztendlich auch unsere Partner.
Wie war die Situation zu Beginn der Covid-19-Krise?
Danner: Vor Covid-19 war der Auftragseingang gut, kein Grund zur Beunruhigung war gegeben. Durch ein kollektives Miteinander konnten wir die ersten Wochen überwinden.
Aigner: Es herrschte natürlich in der gesamten Branche große Unsicherheit. Wir haben versucht, ohne Hysterie die notwendigen Schritte einzuleiten. Die Möglichkeit zur Kurzarbeit hat uns da sehr geholfen. Wichtig war, dass wir unsere Mitarbeiter immer umfassend informiert haben und ihnen in dieser schwierigen Situation bestmögliche Sicherheit zu geben.
Bonifat: Der Umgang mit so einer „für unsere Generation noch nie da gewesenen Krise“ war eine große Herausforderung. Das teilweise Herunterfahren von 100 auf 0. Die große Frage … wie geht es weiter, wie lange wird es dauern.
Was waren die größten Herausforderungen der Geschäftsführung?
Aigner: Wir wollten und wollen während der gesamten Krise handlungsfähig bleiben und unsere Partner in gewohnter Weise unterstützen. Gleichzeitig aber mussten wir schauen, dass uns die Kosten nicht völlig davonlaufen. Diese Balance war und ist eine sehr Herausfordernde. Die größte Herausforderung steht uns jedoch noch bevor. Wir haben mit Ende Juni die Kurzarbeit beendet und haben noch nicht die Auslastung die wir langfristig benötigen. Wir haben die Planung noch einmal neu aufgesetzt und die Unsicherheiten sind naturgemäß großer als es vor der Krise war. Aber wir gehen mit großem Optimismus in das zweite Halbjahr und gehen davon aus, dass wir mit einem kleinen Minus das Jahr beenden.
Bonifat: Die Überlegung wie mit der Situation richtig und für alle gerecht umgegangen werden soll. Welche Informationen werden benötigen um die Mitarbeiter richtig zu informieren. Was muss berücksichtigt und in die Wege geleitet werden, um das Überleben der Firma und den Erhalt der Arbeitsplätze zu garantieren.
Danner: Durch die unübersichtliche Lage war es vor allem wichtig den Mitarbeiter, Kunden und Lieferant zu zeigen das MKW als österreichisches Familienunternehmen ein verlässlicher Partner in dieser schwierigen Zeit ist. Die Herausforderung bestand unter anderem trotz stark schwankender Nachfrage, kurzfristig und dynamisch auf die neuen Anforderungen einzugehen.
Wie konntet ihr die Herausforderungen jeweils lösen?
Danner: Als österreichisches Unternehmen produziert MKW vorrangig für Binnen- und europäischen Markt und konnte so unabhängig, schnell und flexibel reagieren. MKW ist mit den breit gefächerten Kompetenzen – Metall, Kunststoff, Pulverbeschichtung und Sanitär – und dem Fokus auf Regionalität in einer guten Position.
Aigner: Wir haben von Beginn an alle Maßnahmen sehr offensiv kommuniziert. Das gesamte Führungsteam leistete hier unglaublich gute Arbeit. Damit auch die Mitarbeiter, die im Homeoffice arbeiteten, immer am neuesten Stand waren, haben wir eine interne Homepage mit vielen aktuellen Informationen bereitgestellt. Zusätzlich gab es eine enge Abstimmung mit unserem Betriebsrat.
Bonifat: Durch eine sehr gute Kommunikation und Zusammenarbeit aller Mitarbeitern und der Geschäftsleitung bzw. die Bereitschaft eines flexiblen Arbeitseinsatzes konnte und kann diese Krise gemeistert werden.
Welche waren die größten Sorgen der Mitarbeiter?
Bonifat: Die größten Sorgen der Mitarbeiter waren: die Angst um ihren Arbeitsplatz und die Löhne und Gehälter um die täglichen Ausgaben zu decken.
Danner: Anfangs gab es sicher Verunsicherungen unter den Mitarbeitern. Wie geht es dem Unternehmen? Wie geht die Produktion weiter vor allem unter Berücksichtigung aller Auflagen. Kommt die Kurzarbeit? Was bedeutet das für mich? Schlussendlich war genau diese Kurzarbeit ein gutes Instrument, nach einer fundierten Aufklärung der Mitarbeiter, diese Sorgen abzufangen.
Aigner: Mitte März war die größte Sorge die Gesundheit. Es gab Unsicherheiten über den Verlauf der Krankheit, muss ich ins Krankenhaus? Muss ich in die Intensivstation? Können auch jüngere Personen sterben? Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko? Ich habe viele Gespräche mit Mitarbeitern geführt und wir haben rasch reagiert und haben die Produktionsbereiche aufgesplittet und in unterschiedlichen Zeiten arbeiten lassen. Innerhalb von zwei Tagen konnen wir über 30 Mitarbeiter auf Homeoffice umstellen. Dass wir während der gesamten Corona-Ausnahmesituation dennoch ein gewissses Grund-Auftragsvolumen verzeichnen konnten, hat dann wesentlich zur Beruhigung der Mitarbeiter beigetragen. Sehr stolz bin ich auch darauf, dass die Mitarbeiter immer wieder nachgefragt haben, wann sie wieder mehr arbeiten dürfen. Das zeigt die besondere Qualität und Motivation unseres Teams.
Bietet ihr spezielle Anreize für den Installateur (um verstärkt eure Produkte aus Österreich zu vertreiben) – z.B. gemeinsame Paket-Angebote?
Aigner: Nein, wir wollen dieses Bekenntnis zu Österreich nicht auf eine Rabatt-Aktion reduzieren. Unabhängig von unserem gemeinsamen Ziel, den Kauf von österreichischen Produkten zu forcieren, kann und wird natürlich jedes Unternehmen eigene Verkaufsanreize schaffen.
Danner: In der zweiten Jahreshälfte wird es verstärkt Paket-Angebote für die heimischen Installateure geben, um die Wertschöpfung und Kaufkraft in Österreich zu behalten. So können wir Nachhaltigkeit leben.
Eine (vorsichtige) Zukunftsprognose / Abschließende Worte?
Bonifat: Wenn sich Österreich mehr auf die Qualität österreichische Produkte und deren Wertschöpfung für unser Land besinnt, wird Österreich aus dieser Krise lernen und es wird in Zukunft auch wieder eine stabile Basis für die österreichische Wirtschaft und alle Österreicher gegeben sein.
Danner: Wir schaffen das! Jede Veränderung bringt Chancen auf Neues, somit wage ich die vorsichtige Zukunftsprognose: „Alles wird gut!“
Aigner: Ich bin sehr stolz darauf, wie unser Unternehmen diese Krise bewältigt hat. Jetzt sind wir zuversichtlich, dass sich die Sanitärwirtschaft wieder positiv entwickelt. Allerdings wissen wir, dass uns noch viele sehr herausfordernde Monate bevorstehen Deshalb ist es ja gerade jetzt so wichtig, dass wir hier in Österreich zusammenhalten und uns gegenseitig unterstützen.
Vielen Dank für das Gespräch!
In der aktuellen Ausgabe 6 + 7-8/2020 finden Sie das Interview auf den Seiten 12 bis 13!