Jan Brockman folgte auf Uwe Glock, der zum 1. Januar 2021 in den Aufsichtsrat der Bosch Thermotechnik GmbH wechseln und weiterhin als Präsident des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) aktiv sein wird.
Wir freuen uns über dieses Quasi-Antrittsgespräch: Haben Sie sich schon gut einleben können bei Bosch Thermotechnik?
Brockman: Ja, das Onboarding habe ich abgeschlossen und bin schon mitten drin in den Aufgaben. Meine Erwartungen haben sich voll erfüllt und die Arbeit mit dem hervorragenden Team bei Bosch Thermotechnik begeistert mich.
Welche sind aktuell die größten Herausforderungen im Bereich der Heiztechnik?
Brockman: Die Klimaziele zu erreichen, ist die größte Herausforderung der Heiztechnik-Branche und natürlich auch für Bosch Thermotechnik. Wir weisen unermüdlich darauf hin, dass der Gebäudebereich entsprechend seiner Bedeutung in die politischen Weichenstellungen einbezogen werden muss. Immerhin entsteht in Gebäuden ein Drittel der CO2-Emissionen. Unsere Antwort, um die Klimaziele zu erreichen, heißt Multi-Technologie: Es wird nicht die eine Lösung für alle Gebäude geben. Mit Wärmepumpen und Wasserstoff-Heizgeräten treiben wir beide zentralen Technologiepfade voran. Nur so können wir Klimakomfort, Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit vereinen.
Entwicklung der Bosch Thermotechnik – wird es in naher Zukunft in diesem Segment noch große Überraschungen geben?
Brockman: Bosch Thermotechnik ist ein Vollsortimenter und Multi-Technologie-Anbieter, und diese Stärke wollen wir weiter ausbauen. Wir können jedes Gebäude in ein energiesparendes Zuhause verwandeln.
Bei Wärmepumpen verfolgen wir eine EU-Regionen-Strategie, die sich als sehr erfolgreich erwiesen hat, um auf die unterschiedlichen Ansprüche der Kunden mit regional angepassten Portfolios zu reagieren. In Nordeuropa, dem reifsten Wärmepumpenmarkt, stellt diese Heiztechnik über 90 Prozent des Neubaumarktes dar. Dort liegt der Schwerpunkt auf Leistungsoptimierung. In Mitteleuropa steht der Systemgedanke im Vordergrund. Hier wollen wir insbesondere mit Wärmepumpen im Verbund mit Lüftungsgeräten sowie dem Bosch-Energiemanager für optimierte Eigenstromnutzung wachsen. Für den Süden Europas ist es wichtig, das Portfolio um kostengünstige Luft-Luft-Wärmepumpen zu erweitern. Für ein CO2-neutrales Energiesystem brauchen wir neben der Elektrifizierung auch eine Wasserstoffstrategie für den Wärmemarkt. Verbrennungsgeräte werden in den nächsten Jahrzehnten wichtig bleiben, deshalb investieren wir schon jetzt in ein ,H2-Ready‘-Portfolio.
Wir sprechen uns deutlich für einen Multitechnologie-Ansatz und gegen Technologieverbote aus und sind für jeden Weg vorbereitet, um die Klimaziele zu erreichen.Wir haben in Großbritannien den Prototyp eines neuen wandhängenden Heizgeräts vorgestellt, das zunächst mit herkömmlichem Erdgas oder einer Wasserstoff-Beimischung von bis zu 20 Prozent betrieben werden kann. Sobald eine flächendeckende Netzumstellung vollzogen wurde, lässt sich das Heizgerät mit wenigen Anpassungen innerhalb von nur einer Stunde auf die vollständige Nutzung von reinem Wasserstoff umstellen.
Wie klappt die Entwicklung der Markenstrategie Bosch/Buderus/Junkers? Wer hat die Nase vorn?
Brockman:Wir fokussieren uns auf eine Zwei-Marken-Strategie mit den Markengruppen Bosch (inkl. regionaler Marken wie Worcester in Großbritannien und Nefit in den Niederlanden) und Buderus. So können wir das Potential der Marke Bosch im Bereich Technik fürs Leben nutzen und gleichzeitig von der starken Systemkompetenz und Nähe zum Kunden der Marke Buderus profitieren.Mit den beiden Marken können wir über den jeweiligen Vertriebsweg (zweistufig: Buderus und dreistufig Bosch) den Markt bestmöglich bedienen. Beide Marken verfügen über klare Positionierungen, mit denen wir unterschiedliche Zielgruppen ansprechen können. Die Marke Junkers geht immer mehr in der Marke Bosch auf, weil wir so von der großen Endkundenbekanntheit von Bosch profitieren.
Ist da auch eine technische Differenzierung zwischen den Marken geplant?
Brockman: Bereits in der Produktentwicklung setzen wir darauf, die Markenpositionierungen sichtbar werden zu lassen. Zum Beispiel sind die Geräte von Bosch besonders einfach zu installieren, zu nutzen und zu warten. Bei Buderus steht das ganzheitliche System mit modularen Lösungen im Vordergrund. Durch die unterschiedlichen Produktdesigns ist die Differenzierung schon auf den ersten Blick erlebbar. Auch zukünftig werden wir überall dort differenzieren, wo für die Kunden ein Mehrwert entsteht.
Welches sind die für Sie bzw. für das Unternehmen wichtigsten Schritte, die in den kommenden Monaten, aber auch Jahren gegangen werden müssen?
Brockman: Wir haben mit unseren innovativen Produkten für Defossilisierung, Elektrifizierung und Digitalisierung die Energiewende im Gebäudesektor vorangetrieben und werden mit diesen Energiesystemen der Zukunft weiter profitabel wachsen. Wir wollen führender Anbieter für Multi-Technologie-Anwendungen sein, mit Wasserstoff-Heizgeräten und Wärmepumpen. Im Rahmen der Elektrifizierung im Gebäudesektor werden wir auch das Geschäftsfeld energieeffiziente Klimageräten für den Wohn- und Gewerbebereich ausbauen. Wir wollen mit unseren Klimageräten zu Gesundheit und Wohlbefinden beitragen und gleichzeitig auch in diesem Geschäftsfeld einen nachhaltigen Beitrag zur CO2-Einsparung leisten. Unser Ziel ist es, unsere Position im Air-Conditioning-Bereich im gewerblichen und im Residential-Segment deutlich zu stärken und auch hier der Treiber für energieeffiziente Technologien zu sein.
Diesen Beitrag finden Sie ungekürzt auch ab Seite 30 der aktuellen Ausgabe 6/2021!