Naturnah und Energieeffizient
Die Laibung der Holzfenster sind rund. Die Häuserkante? Ebenfalls rund. Ein ungewöhnliches Haus. Wir treten über die Schwelle. Es riecht gut. Nach Holz. Nach Stroh. Nach Schilf. Herrlich. Auch wir fühlen uns auf Anhieb wohl in diesem Haus aus Stroh und Lehm.
Obschon „Haus“ nicht ganz zutrifft. Noch ist das Ensemble eine komplette Rohbaustelle. Aber die schönste und natürlichste, die wir je betreten haben. Ein Gebäude aus Holz und Stroh? Fast ohne Ziegel? Kann das wirklich gegen moderne Bauweisen bestehen? Es kann. Und wie es kann!
„Ich wollte immer schon ein naturnahes Haus. Aber ohne Lukas hätte ich mich wohl nie drübergetraut“, gesteht Victoria. Dass gerade Lukas die Idee zum Haus aus Stroh hatte, mag vielleicht überraschen. Studiert hat er am Technikum in Wien. Seinen Master absolvierte er an der FH Burgenland. Seither ist er ebendort in der Forschung und Hochschullehre tätig. Sein Spezialgebiet: Gebäudetechnik.
„Bist du der Ansicht, dass die Menschen bereits vor zweihundert Jahren wussten, wie man naturnah und zugleich energieeffizient baut?“, wollen wir von ihm wissen. Und tatsächlich: Die hervorragenden Eigenschaften von Stroh, Schilf, Lehm und Kalk stehen für den Forscher außer Frage.
Besonders angenehme Wärme und Kühle
Ein High-Tech-Wissenschaftler, der sich für Low-Tech-Lösungen einsetzt? Wir sehen uns um. Elektrische Rollos oder Raffjalousien? Fehlanzeige. Stattdessen gibt es aufklappbare Fensterläden. Die halten ewig. Durch die Überdachung der westseitigen Terrasse wird Sonne abgeschirmt, die Hitze bleibt draußen. Altes Wissen, kombiniert mit effizientester Haustechnik zum Heizen und Kühlen. Darauf kommt es an.
Die EasyFlex Wandheizung erwärmt nicht die Luft, sie arbeitet mittels angenehmer Strahlungswärme: Die infraroten Wellen treffen im rechten Winkel auf Einrichtungsgegenstände und unbeheizte Flächen. Sie geben diese Energie wieder in Form von Wärme ab.
Der Mensch wird somit "von innen" erwärmt. Diese Wärme ist für uns besonders angenehm, denn sie erinnert an die wohlig warmen Sonnenstrahlen auf unserer Haut. Ein weiteres Plus: Kaum Konvektion und somit keine zu trockene Raumluft im Winter.
In den Sommermonaten fließt gekühltes Wasser durch die Alu-Mehrschicht-Verbundrohre und kühlt die Räume angenehm und gesund. Zugluft und Geräusche sind Vergangenheit – somit kann die Wandkühlung auch nachts laufen.
Kühlen ist doppelt leiwand!
Interessant: Das Gebäude speichert durch die natürlichen Baumaterialien Holz und Stroh mehr CO2, als es verbraucht! Der CO2-Abdruck der verwendeten Ziegel und der Bodenplatten wird somit mehr als komplett kompensiert. Überraschend dick sind die Wände, nämlich rund 45 Zentimeter: „Dadurch ist der Dämmwert sehr gut. Tatsächlich würde sich eine Wärmepumpe gar nicht auszahlen, weil unser Heizbedarf so niedrig ist. Aber in Kombination mit dem Kühlen kann man die Wärmepumpe doppelt nutzen“, so Victoria. „Kühlen ist doppelt leiwand.“
Apropos leiwand: Was sagen eigentlich die Nachbarn zur außergewöhnhnlichen Bauweise? „Die finden unser Haus sehr cool“, stellt Victoria mit ruhigem Lächeln fest. „An einem windigen Tag hat es mal bisschen Stroh zu den Nachbarn rübergeweht. Die fanden das aber gar nicht mal so schlimm und meinten: ‚Ach! Das macht ja nix. Ist ja nur Stroh. Dann sind die Rosen wenigstens gleich gedüngt!‘ Durch die natürlichen Materialien stört die Leute unsere Baustelle einfach weniger.“