7-8a/2020 Klima-Lüftung

Was kann die Lüftung der Zukunft?

Sattelberger
Jochen Sattelberger.
Sattelberger

Umweltfreundlich, effizient – ein Mittel im Kampf gegen Corona? Welche Systeme sind sinnvoll?

von: Ursula Wastl

Diese und andere Fragen beantwortet Mag. Jochen Sattelberger, Präsident der Komfortlüftungssysteme Austria im Interview.

Welche Art der Klimatisierung/Lüftung ist am umweltfreundlichsten, effizientesten und spart den meisten Strom?
JOCHEN SATTELBERGER: Grundsätzlich muss zwischen Klimatisierung (Beeinflussung der Raumtemperatur – meist ist damit die Kühlung gemeint) und Lüftung im Sinne von Frischluftzufuhr und Schadstoff-/Feuchteabfuhr unterschieden werden. Zuerst zur Klimatisierung im Sinne von Kühlung: An oberster Stelle ist hier zu erwähnen, dass bei der Errichtung des Gebäudes der Kühlbedarf möglichst gering sein sollte, damit auch eine effiziente und umweltschonende Kühlung möglich ist. Vor allem den solaren Einträgen ist hier besonderes Augenmerk zu schenken, aber auch den hohen Kühlverlusten, die durch Fensterlüften entstehen (vergleichbar den Wärmeverlusten beim Fensterlüften im Winter). Mit der bestmöglichen Erfüllung der oben angeführten Rahmenbedingungen ist der geringstmögliche Kühlbedarf gegeben. Dieser sollte dann natürlich mit möglichst effizienter Technik, die von der Deckenkühlung, Fußbodenkühlung über Splitklimageräte bis zu Kaltwasseranlagen reicht, realisiert werden. Um die hohen Kühlverluste, die durch Fensterlüften entstehen, zu minimieren, ist die Kombination mit einer Komfortlüftungsanlage sinnvoll. Deren Kälterückgewinnung „Rückkühlung“ spart nämlich wertvolle Energie und damit auch CO2 ein, da im Sommer die heiße Außenluft durch den Wärmetauscher nahezu auf Raumtermperatur abgekühlt wird. Bei der Lüftung ist letztlich die Komfortlüftungsanlage mit der Rückgewinnung von Wärme im Winter und der Rückkühlung im Sommer die effizienteste Lösung, da bereits eingesetzte Energie erneut genutzt wird. Eine Leistungszahl eines guten Komfortlüftungsgeräts von 15 ist hier keine Seltenheit und damit ist auch der besonders hohe Wert der Effizienz und Umweltschonung ersichtlich. Und am Ende ist diejenige Heiz- oder Kühlenergie, die erst gar nicht gebraucht wird, am umweltfreundlichsten. Am schlechtesten energetisch und umwelttechnisch gesehen ist die Fensterlüftung oder die Lüftung via Außenwanddurchlässe, weil hier Energie vernichtet wird.

Kann die Lüftung/Klimatisierung ein Mittel im Kampf gegen das Coronavirus und ande­re Krankheiten sein ?
SATTELBERGER: Das Ansteckungsrisiko ist in Innenräumen am höchsten und damit ist dieser Bereich auch besonders wichtig. Man kann davon ausgehen, dass raumlufttechnische Anlagen ohne Umluftbetrieb keinen Risikofaktor für Übertragungen darstellen. Bei der Klimatisierung handelt es sich vorwiegend um einen Umluftbetrieb – hier ist schon Vorsicht geboten. Lüftungsanlagen aber führen permanente frische Luft zu und schadstoffbelastete ab. Daher kann an dieser Stelle klar gesagt werden, dass eine Erhöhung des Luftwechsels immer zu einer Reduktion des Aerosols bzw. zu einer Verdünnung und damit zu einer Reduktion der Ansteckungswahrscheinlichkeit führt. Was die Übertragung von Viren durch Lüftungsanlagen betrifft, möchte ich aus dem Innenraum-Newsletter 33 vom April 2020 (herausgegeben von Innenraumanalytik.at) zitieren: „Es ist auch davon auszugehen, dass auf Grund der langen zurückzulegenden Strecken im Luftleitungssystem und dem vorherrschenden Milieu etwa SARS-Cov-2-Viren nach dem derzeitigen Stand des Wissens nicht überlebensfähig sind. Sie weisen nur eine geringe Umweltpersistenz auf und sind gegen Eintrocknung sehr empfindlich. Virusübertragungen über die Luft sind tröpfchenbasiert; die dem Raum zugeführte Zuluft kommt niemals mit relevanten Mengen infektiöser Tröpfchen in Berührung. Eine Übertragung dieser Viren durch Lüftungssysteme wird daher generell als sehr unwahrscheinlich bezeichnet.“ Insofern ist natürlich eine ordnungsgemäß gewartete Lüftungsanlage, die für einen konstanten (auch hohen) Luftwechsel sorgt, ein sehr probates Mittel zur Reduktion der Ansteckung auch gegen das Coronavirus.

Wird sich die Branche durch die Klima­veränderungen ebenfalls verändern?
SATTELBERGER: Lüftung wird aufgrund der immer dichter werdenden Bauweise wie auch der Notwendigkeit, weiter massiv CO2 einzusparen, definitiv an Bedeutung gewinnen; gleichzeitig wird der Wunsch/Bedarf an Kühlung durch die Klimaveränderungen zunehmen. Damit wird sich die Branche auch langfristig weiterentwickeln. Die Möglichkeit der Nachrüstung von Lüftungs- und Klimaanlagen ist sehr stark von den örtlichen Gegebenheiten und der Bereitschaft über den Umfang der Sanierung abhängig. Manchmal sind auch semizentrale Systeme relativ einfach, in anderen Fällen nur sehr aufwendig nachzurüsten. Die aktuellen Technologien bieten aber auch Systeme wie Außenwandgeräte ohne Leitungssystem im Sanierungsbereich an, die sich erheblich einfacher als Teillösung integrieren lassen. Ebenso müssen hier alternative innovative Verlegevarianten der Lüftungsleitungen (z. B. in der Außendämmung) erwähnt werden. Lüftung selbst wird aber spätestens mit der Verbesserung und damit der Dämmung und Dichtheit der Gebäudehülle zum Thema. Mit einer Lüftung mit Wärmerückgewinnung wird schließlich auch ein großer Schritt in Richtung Gebäudeenergieeffizienz und CO2-Reduktion gemacht


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