Das seit seiner Umbenennung im Herbst 2022 verstärkt auf Forschung, Entwicklung und Innovation ausgerichtete EWO (Energie.Wärme.Österreich) zeigt Wege auf, wie flüssige Energieträger unter Beibehaltung der existierenden und bewährten Infrastruktur zur Energiewende beitragen können. „Es geht darum, nachhaltige, standortverträgliche und für den Konsumenten leistbare Lösungen zu finden. Die Politik sollte es der Wirtschaft überlassen diese zu entwickeln. Wir stehen für Innovationen statt Verbote“, plädierte Jürgen Roth, EWO Vorstandsvorsitzender, in seinen Eröffnungsworten vor rund 170 interessierten Zuhörern und bat fünf Energieexperten zum Fachvortrag.
Globales Flüssigerdgas
Johannes Mayer, Leiter der Abt. Volkswirtschaft bei E-Control, gab zum Auftakt einen Überblick über den Strom- und Gasmarkt in Österreich und machte die Verbindung zu flüssigen Energieträgern deutlich. Auch der Gassektor macht sich die Vorteile flüssiger Energieträger, wie einfache und kostengünstige Transportierbarkeit, zunutze. Flüssigerdgas (LNG=liquefied natural gas), hat sich seit der Energiekrise gegenüber den klassischen Pipelines zu einem wichtigen Versorgungsfaktor und einem globalen Markt entwickelt.
Power-to-Liquid in Chile
Markus Speith, Head of Solution Development Power-to-X bei Siemens Energy, berichtete über das Projekt „Haru Oni“ in Chile. Die dort errichtetet Power-to-Liquid Anlage erzeugt erneuerbare Brenn- und Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, mithilfe von erneuerbarem Strom, gewonnen aus Windkraftanlagen. Der Standort und das Anlagenlayout bergen enormes Wachstumspotential. Die derzeitige E-Fuel Produktion von 130.000 Liter/Jahr könnte in der Endausbauphase bis 2028 auf bis zu 550 Mio. Liter Benzin/Jahr bzw. 1.000.000 Tonnen/Jahr Methanol gesteigert werden. Das in der Anlage produzierte E-Fuel wird digital zertifiziert und garantiert so den Endkonsumenten den erneuerbaren Ursprung.
HVO aus Finnland
Der folgende Blick nach Finnland bestätigte das enorme Potential von klimafreundlichen Alternativen. Marko Lietz, Manager Public Affairs bei Neste, sprach darüber wie Klimaschutz durch HVO (Hydrotreated Vegetable Oil = hydriertes Pfanzenöl aus Rest- und Abfallstoffen) gelingen kann. Beim finnischen Unternehmen Neste werden derzeit rund 3,3 Mio. Tonnen an HVO produziert. Bis 2026 plant das Unternehmen die Kapazitäten auf 6,8 Mio. Tonnen zu verdoppeln. Lietz sieht einen Anwendungsbereich von HVO im Wärmemarkt. „Die existierende Heizungs-Infrastruktur ist mit HVO bereits heute kompatibel“, so Lietz.
Biodiesel F30 in Frankreich
In Frankreich ist der Biodiesel „Biofioul F30“ (bis zu 30% Beimischung von FAME zum konventionellen Heizöl) seit 2022 als klimafreundliche Alternative für neue Ölbrennwertgeräte verpflichtend. Alle neuen Heizkessel sind bereits für den Einsatz von Biofioul F30 gerüstet. Thierry Javit, Geschäftsführer beim französischen Unternehmen Bolloré Energy, erklärte, dass dadurch ein Komplettverbot von Ölheizungen in Frankreich verhindert werden konnte.
Europa braucht flüssige Energieträger
Sandrine Devos, Secretary General bei Eurofuel, dem europäischen Dachverband für Flüssig-Brennstoffe am Wärmemarkt, betonte abschließend, dass flüssige Brennstoffe aufgrund ihrer Flexibilität, Leistbarkeit, Versorgungssicherheit und Effizienz einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung Europas leisten und in Zukunft eine wichtige Rolle in der Dekarbonisierung des Wärmemarktes bis 2050 spielen werden. „Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, braucht es aber begünstigende Rahmenbedingungen, wie die politische Anerkennung von klimafreundlichen Flüssig-Brennstoffen, Investitionsförderungen und Technologieoffenheit“, so Devos.
Die Ziele zur Dekarbonisierung bis 2050 und zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen beim Heizen bis 2035 sind hochgesteckt. Flüssige Energieträger sind für das Gelingen der Energiewende unerlässlich, während Verbote kein geeignetes Mittel zur Erreichung der Energie- und Klimaziele sind – darin waren sich alle Speaker einig.
Die betroffenen Ölheizungsbesitzer sind mit ihrer bestehenden Anlage mehr als zufrieden (über 90%). Dies zeigt die jüngste EWO-Umfrage (Jänner 2023) mit 4.500 Teilnehmern, präsentiert von Martin Reichard, EWO Geschäftsführer. Knapp 90% der Befragten haben demnach keine Umstiegspläne auf andere Energiesysteme und wären zudem zu einem Umstieg technisch gar nicht in der Lage. 64% der Befragten warten schon auf erneuerbare, klimafreundliche Flüssig-Brennstoffe.
Finanzielle Förderungen für den Ausstieg aus fossil betriebenen Heizsystemen werden von den Diskutanten zwar als Anreiz gesehen, kritisiert wird jedoch die Tatsache, dass diese im Vergleich zu den Gesamtinvestitionskosten nur ein geringer Teil sind. Ein Wechsel des Heizsystems bedeutet oft nicht nur einen Kesseltausch, sondern kann auch eine ganze Reihe an teuren, baulichen Maßnahmen am Gebäude mit sich bringen. Ein Aufwand, den viele Haushalte – großteils Pensionisten – nicht auf sich nehmen wollen, und ein Vorhaben dessen Wirtschaftlichkeitsrechnung in den seltensten Fällen aufgeht.
In den Diskussionen zur Bewältigung der Energiewende sollte, laut Podium, vielmehr die Entscheidungsfreiheit der Konsumenten in den Fokus gerückt werden. Den Kunden sollte bei der Energieträgerwahl einer große Anzahl an Möglichkeiten und Produkten geboten werden, anstatt ein Gießkannenprinzip zu verfolgen. Das erfordert Technologieoffenheit und spricht gegen ein regulatives Enddatum für Technologien durch die Politik – so die Speaker.
Es diskutierten Martin Prunbauer (ÖHBG), Johannes Mayer (E-Control), Anton Berger (Stv. Bundesinnungsmeister der Sanitär, Heizungs- und Lüftungstechniker), Ernst-Moritz Bellingen (en2x, Eurofuel) und Marco Lietz (Neste).