Wo sich Wärme und Strom kreuzen

06.10.2017 | Heizung, News, TOP Heizung

Neben Effizienz wird in Städten auch ein höherer Anteil an Erneuerbaren gefordert, wenn es ums Heizen geht. Ein höherer Bioanteil in Fernwärmenetzen, Nahwärmenetze und Grünes Gas stehen zur Diskussion.

Neben seiner Tätigkeit beim Forschungsinstitut für nachhaltige Technologien (AEE INTEC) in Gleisdorf, Steiermark, führt der grüne Gebäudespezialist Karl Höfler auch ein technisches Büro für Bauphysik in Graz. Sein Steckenpferd ist unter anderem der großvolumige Wohnbau. Keine Zweifel äußert der Forscher, wenn es darum geht, ob Nachhaltigkeit auch bei großen Bauvorhaben möglich ist: "Ich denke, dass nachwachsende Brennstoffe auch bei groß dimensionierten Heizungen einsatzfähig sind, Voraussetzung sind allerdings regionale Lieferanten." In der Stadt gebe es aufgrund des hochwertigen und teuren Bauplatzes kaum Möglichkeiten, große Brennstofflager zu errichten. Geeignete Brennstoffpartner müssten deshalb imstande sein, innerhalb von kürzester Zeit und ganzjährig das Material zu liefern.
Energie aus Fern- und Nahwärme
Angetan ist Höfler vom Gedanken, dass im Wohnbau für mehrere Objekte eine gemeinsame Heizung geschaffen wird. Die benötigte Energie kommt immer häufiger nicht nur aus der städtischen Fernwärme-, sondern oft in Bezirkshauptstädten auch von Nahwärmenetzen, die beispielsweise von Bioheizkraftwerken gespeist werden. Mit der Abwärme von Industrie- und Gewerbebetrieben kann nachhaltig der Heizwärmebedarf von größeren Quartieren und Stadtteilen gedeckt werden. Höfler empfiehlt daher unbedingt die Abwärme zu nutzen. Dazu ist jedoch ein Fern- oder Nahwärmenetz erforderlich. "Zu prüfen ist, wie hoch der Anteil an erneuerbarer Energie bei Fernwärme ist", fordert Höfler.
Machbarkeit prüfen
Bei der Planung von groß angelegten Heizsystemen ist es laut dieses Experten wichtig, schon im Vorfeld zu eruieren, ob zum Beispiel der Platzbedarf für größere Brennstoffläger überhaupt gegeben ist. Wer eine Biomasseheizung anstrebt, sollte laut dieses Experten eben schon vorher wissen, ob es überhaupt regionale Anbieter gibt. Darüber hinaus befindet sich die geplante Biomasseheizung eventuell in einem "Feinstaubgebiet", wo solche Heizungen gar nicht erlaubt sind. Beim Einsatz von Erdwärme müssten im Vorfeld auch die Boden- und Grundwasserverhältnisse bewertet und geprüft werden, ob beispielsweise eine Wärmepumpe mit den entsprechenden Energiepfählen errichtet werden kann.
Umfangreiches Monitoring
"Damit die implementierte Heizung optimal eingestellt läuft, sollte ein umfangreiches Monitoring für die Überwachung eingesetzt werden, damit Verbräuche bzw. Wärmeverteilungen wirtschaftlich sind", sagt Höfler. Eine Störmeldung der Heizungsanlage muss über ein Onlinesystem direkt ins Büro bzw. aufs Handy transferiert werden können – ein rotes Lämpchen im Heizraum nutzt da nichts. Bei einer Heizungsanlage wird schon beim Kauf ein Wartungsvertrag mitangeboten, "Bereits bei der Beauftragung sollte der Wartungsvertrag vertraglich festgehalten werden", betont der Experte.
Geeignete Kostenstrukturen
Wer sich sich bei seinen Projekten für nachhaltige Heizanlagen einsetzt, wird auch Wege finden, finanziell gut auszusteigen. Laut Architekt Thomas Romm von der Bietergemeinschaft Romm/Mischek ZT müssen nachhaltige Anlagen im Vergleich zu herkömmlichen nicht per se höhere Kosten verursachen. "Wichtig ist es, genug Zeit zu haben und sich mit Bauherren an einen Tisch zu setzen, um bei Nachhaltigkeit sowohl auf Qualität als auch auf Kosten schauen zu können", sagt der Experte. Passivhausstandards sind im Begriff, sich durchzusetzen, 3-fach-Verglasung und Wärmedämmstärken werden mehr oder weniger schon überall eingesetzt. Reinhard Haas, Professor an der Wiener Technischen Universität (TU), fand in seinen Studien heraus, dass der Heizenergiebedarf bis 2015 um 30 Prozent in Österreich zurückgehen wird. "Der zu erwartende geringere Energiebedarf hängt damit zusammen, dass mehr Leute in den Städten leben, kompakter gebaut wird und der Sanierungsgrad ein immer größerer sein wird, was den Verbrauch drosselt", so Romm. Neue Konsortien könnten entstehen.
Grünes Gas im Kommen
Trotz der vorherrschenden Wärmeversorgung der Städte durch Fernwärme könnte sich Romm auch für Ballungsräume Nahwärmenetzwerke für gewisse Quartiere vorstellen, die aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Zurzeit beträgt bei einem Fernwärmewerk der Gasanteil 70 Prozent, 30 Prozent resultieren aus der Müllverbrennung. "Ich könnte mir sogar vorstellen, dass zukünftig der Anteil der städtischen Wärmeversorung zu 80 Prozent aus grünem Gas und der Rest aus Biogas kommt", sagt Romm. Technisch sei grünes Gas mit der Elektrolyse aus Windstrom leicht herstellbar. Bei der Ökostrom AG gibt es bereits ein solches Produkt zu kaufen. "Überschussstrom aus Erneuerbaren in Wärme umzuwandeln, sehe ich als zukunftsträchtig an", sagt Thomas Romm. Die Märkte Strom und Wärme würden sich kreuzen. Neue Konsortien könnten entstehen.
Symposion "Stadt der Zukunft"
Nachhaltigkeit bleibt weiterhin das Topthema des Bauwesens, wie beispielsweise Bauinfoconsult bestätigt. Die Experten Karl Höfler und Thomas Romm werden unter anderen beim Symposion "Stadt der Zukunft" sprechen und mit Teilnehmern diskutieren. Die Veranstaltung, die von bauXund und dem Österreichischen Institut für Bauen und Ökologie (IBO) organisiert wird, findet heuer zum sechsten Mal statt. Dieses Jahr findet die Veranstaltung am 9. und 10. November 2017 im Hotel Flackl-Wirt in Reichenau an der Rax, Niederösterreich, statt. Als Referenten werden unter anderem der Geschäftsführer, die Wissenschaftlerin, der Immobilienfinanzierer und die Liegenschaftsentwicklerin angesprochen. "Das Solution Café und das gemeinsame Abendessen ermöglichen – mit Abstand zum Alltag – den intensiven Austausch", sagt Barbara Bauer, Wissensverbreitung IBO. Eingeladen sind alle, die aus Sicht der Architektur, Bauphysik, Haustechnik und Raumplanung Bauvorhaben planen und umsetzen.

Thomas Romm von der Bietergemeinschaft Romm/Mischek ZT kann Grünem Gas für Wohnbauvorhaben einiges abgewinnen. Credit: Romm

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