(c) Barbara Fürst
Lieber Herr Denk, herzliche Gratulation zu Ihrer Wahl! Mit welchen Erwartungen gehen Sie in diese neue Funktion?
Manfred Denk: Die Arbeit als Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk ist ganz etwas anderes, als jene in einer Standesvertretung. Sie ist viel vielschichtiger. Mir geht es zu Beginn einmal darum einen möglichst guten Kontakt zu den Sparten in den Bundesländern aufzubauen. In jedem Bundesland gibt es Spartenobfrauen und -männer, es ist mir wichtig die unterschiedlichen Ansichten kennen zu lernen. Ich bin es nicht gewohnt, dass eine Struktur so unübersichtlich ist, da könnte man mehr tun, nutzerfreundlicher werden, die einzelnen Mitglieder sollten leichter Zugang haben.
Diese Ebene, die Spartenobfrauen und -männer in den Bundesländern, ist in der Öffentlichkeit nicht sehr bekannt…
Denk: Das ist richtig, über deren genaue Tätigkeit wissen eigentlich nur Insider Bescheid. Es war Gepflogenheit keinen großen medialen Reigen um die Arbeit anzustrengen – kein schlechter Ansatz, weil es um die Produktivität geht.
Produktivität ist ja wohl auch Ihr Motto – ganz konkret, welchen Aufgaben wollen Sie sich jetzt zu Beginn Ihrer Funktionsperiode widmen?
Denk: Kurz gesagt, allem was uns beim Wirtschaftsaufschwung unterstützen kann, dazu zählt auch der Bürokratieabbau. Ich kann Harald Mader nur zustimmen, wenn er meint, dass auf Grund des Sparzwangs jetzt der genau richtige Zeitpunkt wäre. Wir räumen mit der Bürokratie auf – von Bund, Ländern, Gemeinden gibt es klare Signale. Denken wir zum Beispiel nur an die neun verschiedenen Bauordnungen – die Vereinfachung ist eine harte Nuss, an der sich schon viele die Zähne ausgebissen haben. Oder ganz aktuell die neue Hitzeschutzverordnung. Wir haben bestehende Arbeitsschutzverordnungen, die neuen Schutzbestimmungen schaffen neue Bürokratie. Man will vordergründig etwas Gutes bewirken, vergisst dabei aber, dass wir bereits bestehende Vorgaben haben. In der politischen Außenwirkung ist das Alles gut gemeint, erschwert und verteuert aber die Arbeit in den Betrieben noch weiter.
Sie haben das desolate Budget bereits angesprochen, im Herbst stehen die nächsten Lohnverhandlungen an. Welchen Ausgang erwarten Sie?
Denk: Das ist ein schwieriges Thema, wo gehen die Lohnforderungen hin? Ich bin bei der kommenden Lohnrunde Chefverhandler bei den Metallern, wir haben ein vernünftiges Gesprächsklima. Die Benya-Formel (Anm. d. Red.: wonach sich die jährlichen Lohnerhöhungen an der Inflations- und Produktionserhöhung orientieren sollen) war lange Jahre Standard – da muss man aber langsam aufpassen. Die Inflation ist ein Riesenthema. Wir alle sind auch Konsumenten! Wir wissen, dass das Budget saniert werden muss, das darf aber nicht auf den Konsumenten abgewälzt werden. Wie ist die Inflation anzusetzen? Wir hatten Energiepreiserhöhungen, die Förderungen wurden nicht eingerechnet. Wir gehen in den Supermarkt und lösen an der Kassa über Kundenbindungsprogramme Rabatte ein. Es wird schwierig zu vergleichen. Die Lohnverhandlungen werden sicher herausfordernd. Mein Wunsch ist ein Abschluss leicht unter der rollierenden Inflation. Eine Null-Lohnrunde halte ich nicht für realistisch, ich will sie auch nicht.
Noch einmal zurück zur Entbürokratisierung: inwieweit haben Sie Einfluss auf Entscheidungen?
Denk: Wir haben Einfluss auf die Ausgestaltung von Verordnungen und Gesetzen, das läuft über die Wirtschaftskammer. Wichtig sind politische Connections, ich habe gute Beziehungen zur Politik, wahrscheinlich hat man mich nicht zuletzt deshalb gewählt. Es ist eine zähe Geschichte, man muss beharrlich sein. Wenn wir uns unseren Wohlstand weiter leisten wollen, muss man ernsthaft nach Lösungen suchen. Egal mit welchem Experten Sie sprechen, alle kommen auf ähnlich vernünftige Ideen. 10 Milliarden Einsparung wäre nicht unrealistisch, wenn wir die wirklich großen Themen, auch Bildung, Soziales und Gesundheit, angreifen. Auch die Länder werden sich beugen müssen und ins Gemeinsame kommen, das ist derzeit keine gelebte Praxis. denken Sie nur an Wien und Niederösterreich. Wenn wir es jetzt nicht angehen, dann wird es nur noch schlechter. Es gelingt nicht mehr sich die Dinge schön zu reden, es braucht einen tiefen Einschnitt.
Ist Österreich dafür auch bereit?
Denk: Ich habe Hoffnung und sehe bereits ein paar positive Parameter. Kanzler Stocker scheint sehr abgeklärt zu sein, ich habe den Eindruck, er hat erkannt, worum es geht. Er muss in seinem Alter nicht noch einmal gewählt werden, dadurch kann er mutiger sein. Gewerbe und Handwerk benötigen Möglichkeiten für einen Wirtschaftsaufschwung, es geht darum wettbewerbsfähiger zu werden. Dafür brauchen wir ganz vorrangig weniger Bürokratie, die nur behindert. Wir sehen in unserer Sparte, dass wir in der Baubranche die Talsohle durchschritten haben, es sieht so aus, als ob es einen leichten Aufschwung geben würde.
Vom Neubau gehen nach wie vor keine positiven Signale aus – woher nehmen Sie Ihren Optimismus?
Denk: Wir haben jetzt 20 Jahre lang den Neubau und den Bau auf der grünen Wiese gefördert. Resultat davon ist der Leerstand in den Ortskernen, die Verödung. Ich würde mir wünschen, dass es bessere Förderungen im Bereich der Sanierung gibt, zum Beispiel den Abbruch von Gebäuden einfacher macht. Zu Beginn meiner Laufbahn als Installateur war die Althaussanierung gut gefördert, dann wurde der Fokus auf den Neubau gelegt. Anreize zur Sanierung, auch steuerlicher Art, würden uns helfen. Widmungsmäßig kann man viel tun – wenn zum Beispiel in Ortskernen dreigeschossig gebaut werden darf. Das sind Maßnahmen, die etwas bringen. Was nicht funktioniert ist, dass der Bund von oben herab den Gemeinden Flächenwidmungen verordnet. Bürgermeister und Bewohner wissen am besten, was ihre Gemeinde braucht.
In Ihrer Funktion als Bundesinnungsmeister war Ihnen das Thema Aus- und Weiterbildung immer ein besonderes Anliegen…
Denk: Das ist es auch in meiner neuen Funktion. Es gibt dazu auch bereits das erste Projekt in der höheren Berufsbildung. Die Ausbildung zum Energieeffizienzberater auf NQR 5 Niveau wird in Kooperation der Rauchfangkehrer und Installateure gerade geschaffen – ein echtes Vorzeigebeispiel. Level NQR 5 ist vor der Meisterprüfung mit Level NQR 6 angesiedelt. All jene, die einen Lehrabschluss als SHKL-Techniker oder Rauchfangkehrer haben und HTL-Absolventen können diese Weiterbildung absolvieren. Geplant sind zwei weitere neue Ausbildungen auf NQR 5 Niveau, und zwar zum Servicetechniker und zum Baustellenkoordinator. Diese Ausbildungen werden modular aufgebaut sein und für die verschiedensten Gewerbesparten passen, Fliesenleger, Schlosser, Installateure, etc. Sie werden modular aufgebaut sein, Basismodulen folgen fachspezifische Themen.
Gibt es noch weitere Themen, die auf Ihrer Agenda ganz oben stehen?
Denk: Neue Themen kommen ständig dazu, ganz aktuell zum Beispiel die Mauterhöhung, sie betrifft uns alle, da sie die Kosten erhöht. Es gibt viele übergeordnete Ziele, wir werden nicht zu allem Ja und Amen sagen. Die wirtschaftliche Kehrtwende wird nur gelingen, wenn wir viele kleine Steine aus dem Weg räumen, oder zumindest umdrehen.
Wenn Sie eine Botschaft an unsere Leserinnen und Leser richten wollen?
Denk: Es ist an der Zeit, dass alle geeinigt den Gedanken zur Vereinfachung weitertragen. Wir benötigen eine richtige Strukturreform von oben nach unten, die uns alle produktiver macht. Viele Mosaiksteinchen ergeben ein Ganzes.
Sie haben sich ein wirklich ambitioniertes Arbeitsprogramm geschrieben – wo/wie finden Sie dazu den nötigen Ausgleich?
Denk: Das Motorradfahren ist mein persönlicher Ausgleich, zu einem anderen Hobby komme nicht. Es ist mir wirklich wichtig einmal im Jahr ein Monat am Stück unterwegs zu sein, das ist auch notwendig. Die nächste Reise geht nach Kolumbien, Venezuela und Brasilien – die Motorräder sind schon dort.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
