Die Sommer werden immer heißer, nicht nur gefühlt, sondern auch statistisch belegt. Die Anzahl der Hitzetage hat sich in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt. Insbesondere im dicht bebauten Stadtgebiet bilden sich schnell Hitzeinseln, die für heiße Tage und Nächte sorgen. Damit steigt auch der Bedarf an Klimatisierung rasant.
Eine ökologisch verträgliche, effiziente und komfortable Lösung ist Fernkälte. Sie funktioniert ähnlich wie Fernwärme und kann in Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten, damit die Sommer in den Städten lebenswert bleiben.
135 Millionen Investment bis 2027
Deshalb wird das Fernkältenetz in Österreich laufend ausgebaut. 2021 wurde es um 28,5 Prozent länger und erreichte 32 Kilometer Gesamtlänge. „Bis 2027 werden weitere 135 Millionen Euro in den Ausbau der Fernkälte fließen“, sagt DI Gerhard Fida, Obmann-Stellvertreter des Fachverband Gas Wärme (FGW) und Geschäftsführer der Wiener Netze.
Fernkälte kommt nach Klagenfurt
Aktuell entfallen rund 80 Prozent des Fernkältenetzes auf Wien. Auch Linz und St. Pölten zählen zu den „coolen Spots“ Österreichs. Weiters wurden in den Landeskrankenhäusern in Baden, Mödling und Mistelbach Fernkälteanlagen realisiert.
In Graz wird Fernkälte in ein Industriekundennetz eingespeist. Und 2023 kommt die Fernkälte auch nach Klagenfurt. „Gehen die Genehmigungsverfahren rasch über die Bühne, könnten schon 2023 erste Gebäude versorgt werden“, sagt DI Erwin Smole, Vorstand der Stadtwerke Klagenfurt AG. „Wir werden den inneren Stadtbereich versorgen, der sich dann bis hin zur Glan, Richtung Landeskrankenhaus erstreckt. Diese Viertel werden mit Fernkälteleitungen versorgt werden“, führt Smole aus. Auch im Westen der Stadt gäbe es Überlegungen für den Fernkälteausbau. In Frage kommen laut Smole größere Gebäude und Mehrparteienhäuser, denn für Einfamilienhäuser ist Fernkälte nicht sinnvoll umsetzbar.
Ökonomisch und ökologisch
Fernkälte hat viele Vorteile gegenüber herkömmlichen Klimaanlagen:
• Fernkälte spart rund 70 Prozent Energie und 50 Prozent CO2.
• Fernkältemaschinen sind platzsparend, leise und unauffällig außerhalb der Kundengebäude in Fernkältezentralen untergebracht.
• Die Versorgung erfolgt aus dem Fernkältenetz mittels kleiner Übergabestationen im Gebäude.
• Fernkälte entlastet das Stromnetz, weil das aus dem Sommer vorhandene Potenzial aus der Fernwärmeerzeugung genutzt wird.
Kältering für Wiener City
Wien Energie setzt schon seit 15 Jahren auf eine umweltfreundliche Gebäudekühlung durch Fernkälte und baut ihre Leistung ständig aus. Aktuell sind 21 Kältestandorte in Wien in Betrieb. „Unser nächster großer Meilenstein ist, das Netz um die Wiener Innenstadt zusammenzuführen. Auch Stadtentwicklungsgebiete wie beim Nordbahnviertel oder am Alsergrund werden erschlossen. In den kommenden Jahren investieren wir dafür insgesamt 90 Millionen Euro“, sagt Alexander Wallisch, Bereichssprecher Fernwärme im Fachverband Gas Wärme (FGW), Wien Energie GmbH.
Die neue Fernkältezentrale Stubenring in Wien ist dafür ein wichtiger Meilenstein: Mit einer Leistung von 15 Megawatt kann sie Büros, Hotels, Geschäfte und Wohnungen mit einer Fläche von insgesamt 300.000 Quadratmetern kühlen und ersetzt dabei rund 6.000 herkömmliche Klimageräte.
Gerade im dichtbebauten ersten Bezirk Wiens ist Fernkälte die perfekte Kühllösung: Viele Gebäude sind denkmalgeschützt, und oft fehlt der Platz für einen Rückkühler eines klassischen Klimageräts.
So funktioniert Fernkälte
Bei der Fernkälte wird etwa sechs Grad kaltes Wasser über Rohre zu den Kunden geliefert, welches dezentral in sogenannten Fernkältezentralen – wo häufig Abwärme genutzt wird – gekühlt wird. Bei den Kunden wird die Kälte dann über eigene Kühlsysteme in die Räumlichkeiten abgegeben. Das können etwa Rohre in den Wänden sein oder sogenannte Fan Coils, dezentrale Gebläsekonvektoren zur Raumklimatisierung.
Über Fernkälte
Fernwärme wird im Sommer ebenso wie im Winter zur Wärmeversorgung und Warmwasseraufbereitung erzeugt und gleichzeitig zur Herstellung der umweltfreundlichen Fernkälte eingesetzt. Dieselben Energiequellen, die für die Erzeugung von Fernwärme benutzt werden, kann man auch als Antriebsenergie für Kältemaschinen verwenden. Sogenannte „Absorptionskältemaschinen“ nutzen Abwärme aus Industrie, KWK-Anlagen oder Abfallverbrennung, die das ganze Jahr zur Verfügung stehen. Wie bei der Fernwärme, werden die Objekte zentral versorgt (oder auch dezentral, dann wird eine Kältezentrale beim Verbraucher errichtet). Isolierte Rohre transportieren das auf 6 Grad Celsius gekühlte Wasser zum Kunden, mit etwa 16 Grad Celsius fließt es zur neuerlichen Abkühlung wieder zurück.