Schon als kleines Kind war ich die Anführerin unserer Kindergartenbande und habe mich für lauter technische Dinge begeistert, die keines der anderen Mädchen interessiert haben. Während sich viele Schülerinnen an den Berufswünschen ihrer Freundinnen orientierten, bin ich einen anderen Weg gegangen: Ich habe als Einzige auf der HTL Mödling eine Ausbildung im Bereich Innenarchitektur mit Matura absolviert. Das war schon irgendwie mutig, denn du hast niemanden, den du fragen, an dem du dich orientieren kannst, wenn du die Einzige auf diesem Gebiet im Freundeskreis bist. Aber der Ehrgeiz hatte mich gepackt und ich wollte beweisen, dass ich es schaffe.
Nebenjob als Technische Zeichnerin
Im Betrieb meines Vaters bot sich mir während meines Architekturstudiums schließlich die Möglichkeit, die Praxis hautnah kennenzulernen. Mehr noch: Mein Vater traute mir sehr schnell zu, meine Führungsqualitäten unter Beweis zu stellen, sodass ich nach kurzer Zeit bereits die Bauleitung innehatte und mit den Aufgaben der Geschäftsführung in Berührung gekommen bin. So bin ich nun seit zwei Jahren Geschäftsführerin und leite sowohl die Baufirma meines Vaters, Pongratz Bau GmbH, als auch den Franchise-Partnerbetrieb SOLUTO Pongratz -Sanierungs GmbH in Berndorf.
Schluss mit erlernten Genderrollen
Zwar glaube ich nicht daran, dass man einen höheren Frauenanteil im Baugewerbe mit Regelungen erzwingen muss, aber ich bin mir sicher, dass eine bessere Durchmischung der Geschlechter in der Baubranche nur positiv wäre. Es zeigt sich immer wieder, dass der Innovationsgrad in durchmischten Betrieben mit Männern und Frauen weitaus höher ist, da Frauen ganz andere Denk-ansätze mitbringen. In unserer Gesellschaft wird die Rollenverteilung aber ganz klar -bereits im Kleinkindalter geprägt: Mädchen bekommen Puppen, Jungs Lego zum Spielen. So werden die Interessen schon früh vorgeformt – kein Wunder, dass später die wenigsten Mädchen etwas konstruieren möchten, geschweige es sich zutrauen, dass sie es könnten. Gerade die Baubranche mit ihren Eigenheiten stellt nicht nur für Frauen eine Herausforderung dar. Da ist es definitiv von Vorteil, wenn man eine gewisse Liebe dafür entwickelt. Privat begeistere ich mich für die Gartenarbeit. Es freut mich sehr, wenn ich Dinge wachsen und sich entwickeln sehe – auch wenn ich wahrlich keinen grünen Daumen habe! Aber der Ehrgeiz treibt mich auch in diesem Bereich an, es dennoch weiter zu probieren. Eine gute Portion Ehrgeiz braucht man aber auch beim Sport. Ich laufe schon lange und trainiere mittlerweile auf einen Marathon hin. Vor zwei Jahren bin ich einen Halbmarathon in Wien gelaufen. Das gibt einem einen ordentlichen Schub, wenn man solche Erfolge als Ergebnis der langen Arbeit ernten kann.
Karriere muss man wollen und sein Ziel hartnäckig verfolgen
Es wird gemeinhin gesagt, Frauen müssten sich entscheiden: Karriere oder Familie. Bei Männern stellt sich die Frage in der Regel erst gar nicht. Aber als beruflich erfolgreiche Frau, das dachte ich auch immer, würde es sich sicherlich nie ausgehen, beides unter einen Hut zu bringen. Mittlerweile meine ich, das man es wirklich und wahrhaftig wollen muss, dann geht das schon irgendwie – auch wenn es trotzdem möglich ist, dass über kurz oder lang eines auf der Strecke bleibt. Meine beiden Stiefkinder sind schon älter und brauchen daher nicht mehr so intensive Betreuung. Aber ich sage immer: Man kann alles erreichen, was man will, wenn man nur bereit ist, hart genug dafür zu arbeiten.
Diesen Beitrag finden Sie auch auf Seite 10 der aktuellen Ausgabe 5/2020!