7-8a/2022 Heizung

Dauerthema Fachkräftemangel

Quelle: Stammler
Leopold Stammler
Quelle: Stammler

Nachdem wir uns dem vielzitierten Problem des Fachkräftemangels annehmen, wollen wir redaktionell auch unterschiedliche Schulen und Ausbildungsmöglichkeiten vorstellen. Diesmal sprach der „Gelbe“ mit DI Dr. Leopold Stammler von der HTL Vöcklabruck. Er ist Leiter der Höheren Abteilung für Gebäudetechnik sowie der Fachschule für Maschinenbau und Anlagentechnik.

von: Redaktion

Die Attraktivität der Abteilung Gebäudetechnik nahm in den letzten Jahren leider ab. Trotz gleichbleibend bzw. eher sogar steigender Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Geschuldet auch den hervorragenden Jobaussichten der Absolventen der anderen Fachrichtungen und dem industriell geprägten Umfeld der HTL Vöcklabruck. Die aktuellen Herausforderungen in der Energiepolitik, die erforderlichen Umstellungen von Heiz-, Kühl,- und Lüftungsanlagen auf der „Road To Zero“ sorgen für steigende Nachfrage von Absolventen der Gebäudetechnik. Durch gezielte Ansprache, persönliche Gespräche und Schulführungen im kleinen Kreis konnte die Zahl der Erstwunschanmeldungen für den ersten Jahrgang Gebäudetechnik für das kommende jedoch fast verdoppelt werden. So starten wir im Herbst mit ca. 25. Erstklässslern. Das Ziel müssen jedoch wieder Anmeldezahlen jenseits der 30 Schülerinnen und Schüler sein.
Die Fachschule für Maschinenbau ist durch die große Konkurrenz der aktiv nach Lehrlingen suchenden umliegenden Betriebe eine sehr große Herausforderung. Auch dafür wurden Pläne ausgearbeitet, speziell um die Bindung der Erstklässler an die Schule zu verbessern und ein Abwandern zu verhindern. Wir gehen kommenden Herbst damit „on air“.

Hr. Dr. Stammler, wie erleben Sie die Schülerzahlen aber auch die Qualität  Ihrer Schützlinge über die letzten Jahre?
Stammler: Bei den Schülerzahlen erleben wir für 2022/23 einen eindeutigen Aufwärtstrend bei den Erstanmeldungen. Das betrifft alle Abteilungen unserer Schule. Wir hoffen daher die Talsohle durchschritten zu haben.
Über „Qualität“ von Schülern zu sprechen fällt mir schwer. Die Zeiten ändern sich, die Menschen auch. Und so auch die Bedürfnisse junger Menschen. Wissensvermittlung gelingt heutzutage nicht mehr unter jenem Druck, unter dem die Generation der „Boomer“ das erlebt haben. Gute Schule, gelingendes Lehren und Lernen erfordert daher pädagogische Arbeit auch auf der Beziehungsebene. Das gelingt uns hier an der HTL Vöcklabruck, wie ich meine, sehr gut. In unserer Schule weht ein aufgeschlossener aber durchaus leistungsorientierter Geist, der ansteckend auf alle wirkt. Die Rückmeldungen der Branchenbetriebe sind positiv. Im Originalton: „Eure Absolventen kannst an einen Arbeitsplatz setzen und sie sind vom ersten Moment an produktiv.“

War die Pandemie schulintern eine große Herausforderung? Man denke nur an Distanzunterricht und damit einhergehend Probleme bei Lehrern wie Schülern …
Stammler: Selbstverständlich war die Pandemie eine große Herausforderung. Wir haben sie angenommen und sind wirklich stolz darauf sie überwiegend sehr gut gemeistert zu haben. Schüler wie Lehrer haben an einem Strang gezogen und sehr rasch in die neue Lernwelt aus Teams-Sitzungen, Lernpaketen und Offline-Lernmöglichkeiten gefunden. Der Win-win-Effekt dabei ist, dass wir de facto alles auf Knopfdruck von Präsenz in Fernlehre umstellen können. Gewichtiger Nachteil im Distance-Learning ist in unserem Schultyp der damit einhergehende Mangel an fachpraktischem Unterricht. Das würde massive Investitionen in 3D-Techniken erfordern. Stichworte dazu wären „Virtual und Augmented Reality“. Aber auch dieses Feld betreten wir bereits ausbildungsmäßig. Vorerst in verstärktem Bemühen BIM und die dafür geeigneten Techniken in den Unterricht aufzunehmen.

Wie handhabt die HTL Vöcklabruck die Zusammenarbeit mit Industrie und Gewerbe? Haben Sie genug Unterstützung, etwa wenn es um Übungsmaterialen geht und auch genug Ausbildungs-Betriebe in der Region?
Stammler: Die Zusammenarbeit zwischen der Abteilung Gebäudetechnik  – und der gesamten HTL Vöcklabruck mit Industrie und Gewerbe, ist beispielgebend. Wir werden von einem großen „Verein der Freunde der HTL – Vöcklabruck“ großzügig und tatkräftig unterstützt. Der Austausch zwischen Verein und Schulleitung ist intensiv und produktiv. Wir lernen miteinander und voneinander. Industrie und Gewerbe im Bereich der Gebäudetechnik sind überaus großzügig und auch proaktiv in der Kontaktnahme mit mir. Man muss die ausgestreckten Hände nur ergreifen und koordinieren. Dafür ein herzliches Danke an die Branche.

Wie sehr ringen Sie bzw. Ihre Schule um Bekanntheit – ist die Ausbildungsmöglichkeit bei den jungen Leuten angekommen oder müssen Sie aktiv um Schüler werben?
Stammler: Wie bereits gesagt: In einem industriell geprägten und wirtschaftlich boomenden Umfeld wie Vöcklabruck herrscht ein Wettbewerb – auch um die besten Nachwuchsköpfe. Wir nehmen diese Herausforderung gerne an. Unser Motto: Tue Gutes uns sprich darüber!“ Darüber hinaus gilt es jungen Menschen klar zu machen, dass, und welche, prinzipiellen Unterschiede zwischen einer Ingenieursausbildung und einer Lehre bestehen.

Stichwort „Frauen in der Technik“ – wie hoch ist der Mädchenanteil an Ihrer Schule?
Stammler: Ein mir persönlich sehr wichtiges Thema und mein Standpunkt dahingehend lautet: „die Gebäudetechnik bietet hervorragende Chancen für junge, engagierte Frauen.“ Wir haben in der Gebäudetechnik in jeder Klasse junge Frauen, aber ihr Anteil beträgt leider nur zwischen 5% und 10%. Ich hätte gerne 50%. Maßnahmen diesen Anteil zu steigern sind persönliche Gespräche und Bewusstseinsbildung, allenfalls auch über Social-Media-Kanäle. Wir brauchen aber auch „Role-Models“ als Fachtheoretikerinnen im Unterricht.

Bitte um Ihre Ideen gegen den vorherrschenden Fachkräftemangel!
Stammler:: Der Kreis der regional für eine Ausbildung zur Fachkraft in Frage kommenden jungen Menschen ist beschränkt. Wir als HTL-Vöcklabruck, Abteilung für Gebäudetechnik müssen klar machen, dass wir zwischen Mödling und Jenbach die einzige derartige Ausbildungsstätte sind und über eine hervorragende Verkehrsanbindung zumindest entlang der Westbahn als auch über eine Unterkunftsmöglichkeit im Kolpinghaus verfügen. Möglichkeiten bestehen aber auch in der Erhöhung des Frauenanteils und eventuell auch in einer Ansprache junger Menschen aus EU-Ländern, die in ihrer Heimat keine so hervorragenden Zukunftschancen vorfinden wie hier bei uns.

Die Abteilung für Gebäudetechnik wird als klassische fünfjährige Höhere Abteilung derzeit einzügig geführt. Die Absolventinnen und Absolventen werden uns de facto aus der Hand gerissen. Sie machen überdurchschnittliche Karrieren und tragen schon nach kurzer Einarbeitung große Verantwortung. Sowohl Einstiegs- als auch spätere Gehälter sind hervorragend. Wenn eine HTL-Ausbildung Zukunft hat, dann die Gebäudetechnik. Denn hier lernen junge Menschen, wie Gebäude technisch ausgestattet werden müssen, damit wir alle ein behagliches, energiesparendes und letztendlich gesundes Wohnen und Arbeiten haben.


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