Wenn Österreich unbedingt Medaillen bei Olympischen Sommerspielen haben will, dann braucht es flächendeckendes, staatlich organsiertes und politisch gedecktes Doping. Am besten genau so erfolgreich, effizient und menschenverachtend, wie es die DDR organisiert hatte: Ein Unrechtsstaat, der sich dadurch für einige Jahrzehnte mit Goldmedaillen und Fabelweltrekorden schmücken durfte. Diese simple Tatsache wird in der ebenso aufgeregten wie oberflächlichen Diskussion um die bescheidene Bilanz des ÖOC in London 2012 konsequent ignoriert.Und zwar vom zuständigen Minister über die Funktionäre bis zu den höhnisch um sich schlagenden Zeitungen. Nur die Sportler, die das wissen, können das freilich nicht sagen. Weil sie damit ihre Karrieren zerstören. Obwohl ich mir vorstellen kann, dass es dem einen oder anderen auf der Zunge liegt. Eine Athletin, die jahrelang hart trainiert hat und sich dann verspotten lassen muss, nur weil eine Handvoll Menschen schneller durch ein paar Tore gekommen sind oder einen Ball genauer geworfen haben – das muss schwer zu verkraften sein. Aber nein, wir reden lieber darüber, ob eine zusätzliche Schulturnstunde die Olympiasieger von morgen nur so sprudeln lassen würde. Diese Diskussion lief und läuft so typisch österreichisch daneben ab, wie es nur sein kann.
Die energiepolitische Diskussion verläuft ähnlich wie die sportpolitische. Vollmundig werden Versäumnisse beklagt und Konzepte eingefordert, nur um jedes Konzept, das sich an die Öffentlichkeit wagt, sofort madig zu machen. Oder noch besser, noch österreichischer: Es so lange zu verwässern, bis nichts mehr davon übrig ist. Nur eines wird nie dazu gesagt: Wenn wir eine konsequente energiepolitische Strategie wollen, dann wird das sehr vielen Menschen weh tun. Eine Strategie umzusetzen, die die gesamte Energieinfrastruktur verändert, ist mühsam, aufwändig, es werden Fehler gemacht werden, die ausgebessert werden müssen, und gewohnte Bequemlichkeiten werden eingeschränkt werden. Es kostet Geld, zumindest kurzfristig. Es bedeutet, Prioritäten zu setzen, entweder für die eine oder die andere Technologie und Energieform. Das heißt, entweder die eine oder die andere Lobby zu verärgern. Es bedeutet, Arbeitsplätze zu zerstören und drauf zu hoffen, dass diese Arbeitsplätze woanders neu entstehen. Kein Wunder, dass sich da niemand wirklich drüber traut. Es ist ja auch leichter, von anderen Konzepte zu fordern und ihnen dann Ahnungslosigkeit vorzuwerfen, wenn sie nicht die gleiche Meinung vertreten wie man selber.
Ich bin gegen Doping im Sport. Ob ich dafür bin, ganz Österreich einer Energiestrategie zu unterwerfen – egal, wie die im Detail aussehen möge, statt einfach weiterzuwurschteln? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich ohne Olympiamedaillen leben kann. Ohne Energie nicht. Und ich wette, Ihnen geht es genauso.
Editorial 7-8a/2012
Ohne Olympiamedaillen kann ich leben. Ohne Energie nicht.
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