Sommerliche Hitzewellen stellen insbesondere in dicht bebauten Stadtteilen eine Herausforderung an Wohlbefinden und Gesundheit dar. Viel Asphalt und hohe Fassaden speichern die Temperaturen und heizen den Städten zusätzlich ein. Die gute Nachricht: Der Ausbau klimafreundlicher Fernkälte kommt voran. Die Gesamtlänge des österreichischen Fernkältenetzes erreichte mit Ende 2020 knapp 25 Kilometer – ein Plus von rund 13 Prozent beziehungsweise von drei Kilometern zum Jahr davor. Drei Viertel des österreichischen Fernkältenetzes befindet sich in Wien.
Fernkälte wird zentral erzeugt und über Leitungen in die Gebäude gebracht. Im Vergleich zu herkömmlichen Klimageräten spart Fernkälte rund 70 Prozent Energie und 50 Prozent CO2.
Seit 2009 hat sich der Verkauf an Fernkälte annähernd versiebenfacht. Die installierte Fernkälteleistung erreichte per 31. Dezember 2020 etwas mehr als 160 Megawatt (MW). Der knapp 11-prozentige Rückgang beim Kälteverkauf 2020 war auf den geringeren Kühlenergiebedarf zurückzuführen.
Kältering für Wiener City
Die Fernkältezentrale Stubenring in Wien ist dafür ein wichtiger Meilenstein. Seit dem Vorjahr baut Wien Energie an der neuen Zentrale, die Bauarbeiten stehen vor dem Abschluss. Die Fernkältezentrale wird Büros, Hotels, Geschäfte und erstmals auch Wohnungen mit einer Fläche von insgesamt 300.000 Quadratmetern mit 15 MW Leistung kühlen und rund 6.000 herkömmliche Klimageräte ersetzen.
Gerade im dichtbebauten ersten Bezirk Wiens ist Fernkälte die perfekte Kühllösung: Viele Gebäude sind denkmalgeschützt, und oft fehlt der Platz für einen Rückkühler eines klassischen Klimageräts. Bei den Bauarbeiten in der Wiener Innenstadt ist übrigens die Stadtarchäologie eingebunden, und tatsächlich stieß man bei Grabungsarbeiten auf das Fundament eines alten römischen Torturms.
Um die Wiener Innenstadt mit immer mehr Fernkälte versorgen zu können, baut Wien Energie entlang der Ringstraße einen Ring an Kältezentralen. Ist dieser Kältering geschlossen, geplant ist 2025, kann der Energieversorger einen großen Teil der Gebäude im Stadtzentrum, wie etwa Bürohäuser und Hotels, klimafreundlich kühlen.
Coole Projekte in Linz und Niederösterreich
Darüber hinaus zählen Linz und St. Pölten zu weiteren „Cool Spots“ in Österreich. Die oberösterreichische Hauptstadt bekommt eine neue Fernkältezentrale. Auf dem ehemaligen Areal von „Wick & Söhne“ entsteht ein neues Verwaltungsgebäude der LINZ AG mit Umspannwerk und Fernkältezentrale.
Auch in den niederösterreichischen Landeskrankenhäusern in Baden, Mödling und Mistelbach wurden bereits Fernkälteanlagen realisiert. Im Bezirk Mödling wird auch das Gebäude der EVN-Direktion mit Fernkälte versorgt. In Graz wird Fernkälte in ein Industriekundennetz eingespeist.
Die Kälte kommt nach Klagenfurt
Zwischen 2021 und 2026 sollen österreichweit weitere 133 Millionen Euro in den Fernkälteausbau fließen. Im Fokus stehen dabei Ausbau und Verdichtung bestehender Fernkältenetze. Zudem werden von 2022 an auch in Klagenfurt Gebäude mit Kälte versorgt.
So funktioniert Fernkälte
Fernkälte ist die umweltfreundliche Alternative zur Einzelklimatisierung. Die Erzeugung der Fernkälte erfolgt zum Teil mit Strom und zum größten Teil in Absorptionskältemaschinen. Diese nutzen Abwärme aus Industrie, KWK-Anlagen oder der Abfallverbrennung. Wie bei der Fernwärme, werden die Objekte zentral versorgt oder auch dezentral – dann wird eine Kältezentrale beim Verbraucher errichtet. Isolierte Rohre transportieren das auf fünf bis sechs Grad Celsius gekühlte Wasser zum Kunden, mit etwa 16 Grad Celsius fließt es zur neuerlichen Abkühlung wieder zurück. Das Wasser nimmt also die Wärme aus dem Gebäude auf und transportiert diese ab. Für die Produktion von Fernkälte wird reine Abwärme genutzt, was zu wesentlich geringeren Emissionen führt.